Denn der Spiegel lügt nie

Die Blockade der Reform der Bundessportförderung zeigt, dass der Sport als politisches Thema endlich ernst genommen wird.

Der Sport ist am Ende des Jahres 2012 in der großen Politik angekommen, das zeigt eine Episode im Ministerrat. Sie handelt von der Reform der Bundessportförderung, an der Minister Norbert Darabos schon länger als drei Jahre bastelt. Die Neuausrichtung der Subventionen soll Österreichs Sportsystem effizienter und die Ausbildung von Höchstleistungsathleten, die von Olympischen Sommerspielen Medaillen und nicht nur Fotos auf dem Smartphone heimbringen, leichter machen.

Der von Verbänden, Interessengruppen und Sportsprechern der Parteien abgesegnete Gesetzesentwurf sollte vom Ministerrat genehmigt werden. Doch er wurde gar nicht angeschaut. Was war passiert? Hatte ein aufmerksamer Minister einen Fehler entdeckt? Sollte die Sportförderung, dem Spardiktat des Zeitgeistes folgend, abgeschafft und die Entwicklung von Spitzensportlern der unsichtbaren, aber allgerechten Hand des Marktes überlassen werden? Nichts von dem. Das Reformgesetz wurde auf die Warteschleife geschickt, weil der Sport und seine Alimentierung mit Steuergeld nun sogar von Politikern mit wichtigen Ressorts ernst genommen wird.

Und das kam so: In der Koalitionsregierung hat jedes Ressort ein sogenanntes „Spiegelressort“, das alle Entscheidungen und Initiativen seines Gegenübers absegnen muss. Das von der jeweils anderen Partei besetzte Schattenministerium verfügt damit über ein wahrscheinlich in der Theorie der Verfassung nicht vorgesehenes, aber in der Realität der Großen Koalition effizientes Instrument, um alle Vorhaben des Regierungspartners zu überwachen und zu blockieren.

Für das Sportressort (Darabos, SPÖ) bildet das Innenministerium (Mikl-Leitner, ÖVP) den Spiegel. Das Innenministerium soll also den Entwurf des Bundessportförderungsgesetzes aufgehalten haben. Hinter den Kulissen der Parlamentspolitik hörte man schon einige Tage vor der Ministerratssitzung, dass die ÖVP der SPÖ und besonders Sport- und Verteidigungsminister Darabos vor der Abstimmung über die Wehrpflicht am 20. Jänner aber ganz sicher keine positive Meldung mehr ermöglichen werde.

Um die Taktik zu verschleiern sollen übrigens andere Gründe genannt worden sein. So wollte die (ÖVP-lastige) Führung des ÖOC (Präsident Karl Stoss, Generalsekretär Peter Mennel) eine höhere Basisförderung beanspruchen, um nicht wie andere Vereine und Verbände einen Teil des Jahresbudgets (wie im Gesetz festgeschrieben) über Projekte und Maßnahmen beantragen zu müssen. Was natürlich die Begehrlichkeiten aller anderen Förderungsnehmer wecken würde.

Wie man hört, sei selbst der Wunsch des ÖOC bereits ausgedealt oder verhandelbar, die Blockade wurde dennoch verwirklicht. Das Gute daran ist die Aufwertung des Sports als politisches Gut. Jetzt müssen die Handelspartner nur noch lernen, mit den ihnen anvertrauten Werten clever zu wuchern. Dann steht einer großen Zukunft Österreichs nichts mehr im Wege.

Zumindest im sportlichen Wettbewerb.

Zeitlupen künftig unter: johannskocek.com

E-Mails an: sport@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2012)

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