Das teure Ringelspiel

Das Österreichische Olympische Comité ist im Verfahren gegen Expräsident Leopold Wallner vorläufig abgeblitzt und an das vereinsinterne Schiedsverfahren verwiesen worden.

Das Österreichische Olympische Comité verlangt vom ehemaligen Präsidenten Leopold Wallner rund 800.000 € zurück. Zu diesem Zweck hat das ÖOC eine zivilrechtliche Klage eingereicht, in der auf mutmaßliche Pflichtverletzungen Wallners in seiner 19-jährigen und im September 2009 beendeten Präsidentschaft hingewiesen wird.

Die erste Gerichtsverhandlung am vergangenen Freitag endete mit der Erkenntnis der Richterin Sabine Längle, den von Wallner verursachten Schaden nicht erkennen zu können. Denn eine eventuelle Haftung Wallners werde erst nach gerichtlich festgestellter Untreue des Ex-Generalsekretärs Heinz Jungwirth schlagend. Längle vertagte Wallners Angelegenheit bis zum Ende des Strafverfahrens gegen Jungwirth.

Der soll sehr zum Erstaunen Wallners mehr als 2,7 Millionen € in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Wallner trat als Zeuge auf und konnte sich außer an nichts bloß an die Sparsamkeit Jungwirths, an die Enttäuschung über dessen Winkelzüge und daran erinnern, dass „am Jahresende immer alles gestimmt“ habe. Auch dieses Verfahren wurde dank einer Nichterkenntnis vertagt, denn Richter Georg Olschak vermochte nach drei Verhandlungstagen nicht zu sagen, ob und wenn ja dann in welcher Höhe der dem ÖOC zugefügte Schaden erwiesen sei. Also gab er ein ergänzendes Gutachten über die Geldflüsse im ÖOC zwischen 2003 und Februar 2009 in Auftrag.

Nun könnte man meinen, dass die juristische Vertretung des ÖOC zum Zeitpunkt der Klagseinbringung nicht ahnen konnte, dass das hohe Gericht nicht wissen konnte, ob Jungwirth tatsächlich Geld abgezweigt hat. Also brachte man sicherheitshalber eine Klage gegen Wallner ein, um nur ja keine Möglichkeit zu verpassen, eventuell verschwundene Kohle wieder ins Haus zu holen. Die eigenen Statuten freilich hätte der Hausjurist des ÖOC kennen können, denn Herbert Hübel hat sie selber in mehreren Entwürfen angefertigt, bevor sie von der Hauptversammlung der Austro-Olympier im Herbst 2010 angenommen wurden.


Im §18 Schiedsgericht, Absatz 1 heißt es: „Zur Schlichtung von allen aus dem Vereinsverhältnis entstehenden Streitigkeiten ist das vereinsinterne Schiedsgericht berufen.“ Wallners Anwältin Huberta Gheneff plädierte konsequenterweise auf Unzuständigkeit des Zivilgerichts und Richterin Sabine Längle folgte ihr im Grunde. Freilich wird auch dieser Aspekt bis zum Ende des Jungwirth-Verfahrens nicht weiterverfolgt werden. Doch kann es leicht sein, dass das ÖOC seine Ansprüche gegen Wallner dem eigenen Schiedsgericht wird vortragen müssen.

Denn IOC-Mitglied Leopold Wallner ist unverzagt ÖOC-Mitglied. Das hebt die Stimmung wie das Gerücht, dass Wallner sich angeblich um die Aufnahme seines ÖOC-Nachfolgers Karl Stoss in das IOC bemühe.

Das ÖOC ist schon einmal mit einem Klagsbegehren vor einem Zivilgericht abgeblitzt. Stoss wollte von Jungwirth 53.000 € an Gehaltszahlungen zurück, die angeblich zu Unrecht ausbezahlt wurden. Das Zivilgericht erklärte sich unzuständig und verwies das ÖOC an das Arbeitsgericht.

Der Salzburger Strategieberater Erwin Roth will sich dem ÖOC-Begehren gegen Wallner übrigens als Nebenintervenient anschließen. Richterin Längle verwies einen entsprechenden Schriftsatz von Roths Vertreter Peter Melicharek ebenfalls auf die Zeit nach Jungwirths Urteil. Das ÖOC ist von Roths Wunsch wenig begeistert. Denn er klagte das ÖOC auf Bezahlung des Resthonorars für seine Begleitung der Salzburger Olympia-Bewerbung 2014.

Wallners diplomatische Kraft scheint ungebrochen, noch immer vermag er unter vermeintlichen Gegnern für Gemeinsamkeiten zu sorgen.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2012)

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