Eine Kamera für die Generation Ikea

Lomography
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In wenigen Stunden ist sie fertig, die funktionierende Spiegelreflexkamera aus dem Baukasten um 35 Euro. Lohnt sich der Aufwand?

Wie schwer kann es schon sein, eine Spiegelreflexkamera zusammenzubauen? Schließlich braucht es für eine Ikea-Küche auch keinen ausgebildeten Tischler. Die Wiener Firma Lomography verspricht, dass mit einem Bausatz um 35 Euro jeder zum Technikgenie wird. Ganz wie bei Ikea liegen sogar das grundlegende Werkzeug und eine genaue Anleitung bei. Zwei Stunden soll man sich für den Zusammenbau etwa Zeit nehmen.

Feine Gewinde, winzige Schrauben. Vier Stunden später folgt die Erkenntnis: Ganz so leicht ist der Bau einer Kamera eben doch nicht. Winzige Schrauben, die sich zum Verwechseln ähnlich sehen, feine Gewinde und Teile, die um Haaresbreite nicht genau zusammenpassen – Fans detailgetreuer Modellauto-Bausätze wissen, worum es geht. Wäre es zu einfach, würde Lomography seine Kunden um den Glücksmoment einer bewältigten Herausforderung bringen: eine erstaunlich robuste analoge Fotokamera, die tatsächlich Bilder macht, zu schaffen und einen tieferen Einblick in den inneren Aufbau einer Spiegelreflexkamera zu gewinnen. Letzteres stimmt genau genommen nicht wirklich. Der spannendste Teil – die Lichtkammer mit dem Klappspiegel – wird bereits fertig geliefert. Anderenfalls wäre das wohl ähnlich, als würde Ikea auch die Waschmaschine in Einzelteilen liefern.


Retro-, Licht- und Farbeffekte. Das erste Mal den Auslöser einer selbst zusammengeschraubten Kamera zu drücken ist durchaus spannend. Mit ein bisschen Glück – man liest in Internet-Foren von einigen verzweifelten „Konstruktoren“ – surrt die Transportspule. Der Spiegel klappt und das erste Bild ist im Kasten. Die übrigens erste Spiegelreflexkamera von Lomography funktioniert mit herkömmlichen 35-Millimeter-Filmen. Die Fotos erinnern stark an typische Lomo-Aufnahmen mit ihrem Retro-Charme und interessanten Licht- und Farbeffekten. Smartphone-Fotografen würden unmittelbar an Instagram denken. Von den Bildern kann man Papierabzüge machen lassen, viel beliebter ist aber das Einscannen. In der Foto-Community Flickr hat sich eine eigene Gruppe gebildet, der bereits 160 Mitglieder angehören. Dort und auf der offiziellen Website (microsites.lomography.de/konstruktor) können die Ergebnisse der Bastelkamera bewundert werden.

Der Sucher ist für Lomo-Kameras erstaunlich ausgefeilt und die Linse mit der festen Blende (f/10) lässt sich austauschen gegen extra erhältliche Makrolinsen. Gut möglich, dass die Palette bald erweitert wird, denn die Konstruktor ist derzeit der Bestseller der Firma, wie eine Sprecherin verrät.

Fazit: Für den Preis ist die Lomography Konstruktor eine willkommene Spielerei – vor allem für Kamera-Enthusiasten, die sich nicht ärgern, wenn die Filmspule nicht rund läuft oder beim Fokussieren versehentlich die gesamte Linse abgeschraubt wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2014)

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