Dell: „Wir fühlen uns befreit“

A man wipes logo of Dell IT firm at CeBIT exhibition centre in Hannover
A man wipes logo of Dell IT firm at CeBIT exhibition centre in Hannover(c) REUTERS
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Einer für alles. Fast ein Jahr nach dem Abgang von der Börse will Dell endlich mehr sein als nur PC-Hersteller. Die Neuerfindung des Konzerns läuft besser ohne lästige Aktionäre im Rücken.

Wien. Europa ist weit, weit weg von den USA. So klingt es zumindest, wenn Aongus Hegarty, Europa-Chef des Technologiekonzerns Dell, über das vergangene Jahr spricht. Das Wachstum habe Europas Wirtschaft wieder gefunden, die Verkäufe liefen gut, sagt der Ire. Kein Wort darüber, dass sich sein Chef und Firmengründer Michael Dell 2013 einen erbitterten Kampf mit Großaktionär Carl Icahn um die Macht im Unternehmen liefern musste. Kein Wort darüber, dass die Schieflage des einst größten PC-Herstellers der Welt monatelang die Schlagzeilen dominierte.

„Ja, es ist passiert, aber es hat uns in Europa überhaupt nicht beeinflusst“, sagt Aongus Hegarty zur „Presse“. Wirklich gern spricht er aber nicht über die Schlacht der früheren Kernaktionäre. Michael Dell sei zurück im Sattel – und das sei alles, was zählt.

Umbau ist bitter notwendig

Dabei hat sich für das Unternehmen, das 1984 gegründet und rasch zum billigsten und größten Computerbauer wurde, einiges geändert. Denn Michael Dell sollte den Kampf gegen Icahn gewinnen. Gemeinsam mit der Beteiligungsgesellschaft Silver Lake kaufte er den Aktionären sein Unternehmen für knapp 25 Mrd. Dollar wieder ab und kehrte der Börse nach einem Vierteljahrhundert den Rücken.

Ohne lästige Aktionäre im Rücken sollte der geplante Umbau des Konzerns rascher umgesetzt werden, so das Kalkül des Texaners. Und dieser Umbau ist bitter notwendig. Denn die drei Billionen Dollar schwere Branche der Informationstechnologie ist im Umbruch. PC-Verkäufe stagnieren seit Jahren, weil die Menschen lieber zu Tablets und Smartphones greifen. Beides Bereiche, in denen Dell nicht unbedingt die Nase vorn hat. Etwas musste also passieren. Und zwar deutlich schneller, als es bis Ende 2013 lief.

Denn an sich hat Michael Dell seinem Konzern die Neuerfindung schon vor fünf Jahren verordnet. Als PC-Hersteller mittlerweile auf den dritten Platz hinter Hewlett-Packard und Lenovo abgerutscht, will Dell nun alles aus einer Hand anbieten und hat Know-how und Marktanteile zugekauft. Cloud, Storage, Networking, Systems-Management, Data Analytics, Security, Big Data. Die Schlagworte, mit denen derzeit fast alle Unternehmen in der Branche um Marktanteile raufen, kommen auch beim Europa-Chef von Dell wie aus der Pistole geschossen. Anders als die Mitbewerber könne Dell seinen Kunden wirkliche Komplettlösungen von der Hardware bis zur Software bieten, verspricht er. Bis Ende 2013 waren die Erfolge dieser Neuausrichtung aber eher bescheiden. Im letzten Jahr an der Börse brach der Gewinn des Unternehmens noch einmal um ein Drittel ein.

Wachstum kehrt zurück

Erst die Zäsur Ende 2013, als Dell von der Börse ging, sollte etwas verändern. „Wir fühlen uns befreit als privates Unternehmen“, schwärmt Hegarty. Es gebe schnellere Entscheidungen, mehr Unternehmergeist, weniger Berichte, mehr Zeit für die Kunden. „Die Privatisierung wirkt wie ein Beschleuniger für unseren Weg.“ Der Erfolg lasse sich bereits ablesen. Der Manager berichtet von zweistelligen Wachstumsraten in den ersten sechs Monaten, vor allem in den neuen Geschäftsfeldern.

Dass Dell seine Neuausrichtung auch mit heftigen Einschnitten beim Personal stemmen will, mutmaßten britische Medien bereits im Frühjahr. Jeder dritte Mitarbeiter in Europa solle gehen, hieß es damals. Das Unternehmen weist die Berichte zurück. Wahr sei vielmehr, dass einige Mitarbeiter sich entschieden hätten, im Rahmen eines unternehmensweiten Programms den Konzern freiwillig zu verlassen. Ins Detail gehen will man nicht. Auch das ist ein Vorteil daran, nicht länger an der Börse zu notieren.

Indes hat Dell die Angel ausgeworfen, um Kunden zu ködern. Gelingen soll das mit einer Art Rundumversorgung. Wichtiger als ein eigenes Dell-Smartphone (das der Konzern auch mangels Erfolgs nicht länger anbietet) sei Firmenkunden etwa, dass Mobilfunkgeräte von allen möglichen Anbietern in die Firmen-IT eingegliedert werden können, ohne eine Sicherheitsgefahr darzustellen. Das bietet Dell mittlerweile ebenso an wie simple Kredite.

Denn selbst wenn das Wachstum langsam zurückkehre, sei die Kreditklemme bei vielen potenziellen Kunden Realität, heißt es. Sie müssen sich nun nicht mehr bei der Bank anstellen, wenn sie bei Dell einkaufen wollen. Das Unternehmen streckt das Geld einfach vor. Zurückzahlen können sie es in den USA sogar in Bitcoins.

ZUR PERSON

Aongus Hegarty ist Europa-Chef des texanischen Technologiekonzerns Dell. Der gebürtige Ire ist seit 15 Jahren im Unternehmen und leitet von Dublin aus die Geschäfte in Europa, dem Nahen Osten und Afrika. [ Dell ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.07.2014)

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