Fitnesstracker und Smartwatches: Das Datengold der Zukunft

(c) Bloomberg (SeongJoon Cho)
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Sie sollen uns gesünder und fitter machen, Smartwatches und Fitnesstracker. Doch nun wollen auch Versicherungen und Arbeitgeber an diese Daten.

Mit Fitness-Bändern und Smartwatches sammeln immer mehr Menschen Informationen über ihre eigene Gesundheit. In der Versicherungsindustrie gibt es Gedankenspiele, darauf Geschäftsmodelle aufzubauen. Generali bestätigte am Freitag, Fitnessdaten von Versicherungskunden sammeln zu wollen. Experten warnen vor Risiken.

So könnte die Zukunft aussehen: Angenommen, Sie sind heute Joggen oder Radfahren gegangen, Puls, Blutdruck und Blutzuckerwerte sind super, und statt einer Party ging es früh ins Bett. Die Software beim Versicherer sieht das als gute Ausgangsposition, um lange gesund zu bleiben. Also gibt es einen Abschlag beim Versicherungstarif - oder vielleicht Prämien auf einem Punktekonto. Wer stattdessen faul auf der Couch lag, kommt schlechter weg.

Nicht mehr Theorie, sondern bereits Praxis

Und so neu und ungewöhnlich ist das Modell nicht mehr, denn in den USA arbeiten der Ölkonzern BP, ein Versicherungsunternehmen und der Hersteller des Fitness-Tracking-Geräts Fitbit zusammen. Mitarbeiter können durch sportliche und gesunde Lebensweise Punkte sammeln. Diese dienen dann zur Reduzierung des Versicherungsbeitrags.

Geräte, die dazu dienen, Vitaldaten zu überprüfen und zu sammeln sind längst keine Seltenheit mehr. Für Hersteller von Smartphones sind diese Funktionen immer mehr in den Mittelpunkt gerückt.  Nach Schätzung von Marktforschern werden pro Jahr rund 70 Millionen verschiedener "Fitness-Tracker" verkauft.

Das Geschäft mit der Gesundheit

Neue Armband-Modelle von Branchen-Pionieren wie Fitbit oder Jawbone nehmen auch rund um die Uhr den Herzschlag auf. Vor allem aber sind aktuell Smartwatches im Aufwind, die noch mehr Gesundheits-Informationen aufnehmen können. So baute Apple zum Start seiner für Anfang nächsten Jahres angekündigten Uhr bereits die Plattform HealthKit mit Kategorien für alle möglichen Daten von Blutzuckerwerten über Cholesterin bis hin zur Sauerstoffsättigung. Apple betont, dass die Informationen dort sicher verwahrt werden. Apple überlässt aber Kunden die Option diese Daten an andere Unternehmen weiterzugeben.

Google arbeitet an der eigenen Plattform Google Fit und die Gründer des Internet-Konzerns, Larry Page und Sergey Brin, schwärmen schon lange davon, wie sehr die - anonyme - Auswertung von Gesundheitsdaten den Kampf gegen Krankheiten und Tod voranbringen könnte. Doch gerade bei solchen Informationen sollte der Datenschutz im Vordergrund stehen.

Schwachstelle Datenschutz

"Bei so detaillierten Apps, die genau Aufschluss geben über körperliche Aktivitäten, Ernährung oder Ähnliches sehen wir ein erhebliches Überwachungspotenzial", mahnt Ilona Köster-Steinebach vom Bundesverband der Verbraucherzentrale.

Die Gefahr: Menschen, die etwa auf niedrige Beiträge angewiesen sind, könnten sich dem beugen, um überhaupt noch an günstige Krankenversicherungen heranzukommen. "Da geht es im Endeffekt um Daseinsvorsorge. Und Daseinsvorsorge sollte nicht an die Bedingung geknüpft sein, Daten über sich preiszugeben, die man nicht preisgeben möchte."

Allianz zeigt sich skeptisch

Dass das Thema heikel ist, hat auch die Allianz erkannt. Man wolle Daten über Smartphones, Apps, Daten-Brillen und -Uhren nicht dazu nutzen, die Höhe der Versicherungsprämien zu steuern oder um Gesundheits- oder Risikoprofile zu erstellen, sagt die Chefin der Allianz Privaten Krankenversicherung, Birgit König. "Diese Daten sind hochsensibel und schutzwürdig."

Doch wenn solche Informationen erst in großen Mengen vorliegen, wie lange wird man sich als Versicherungskunde und Arbeitnehmer dagegen sperren können, sie auch arbeiten zu lassen? Denn auch wenn die Teilnahme an solchen Programmen ausdrücklich freiwillig sein dürfte - Experten rechnen mit sozialem und beruflichem Druck. Gartner-Analystin Angela McIntyre erwartet, dass in vier Jahren jeder Vierte Fitness-Tracker von Arbeitgebern, Versicherungen oder Sport-Studios verteilt werden wird. Nach Schätzungen von US-Experten verfügen bereits 50 Millionen Amerikaner Fitness-Programme von ihren Arbeitgebern.

Verbergen, oder schützen?

Der technische Fortschritt macht es möglich: "Digitale Informationen können zu sehr geringen Kosten verifiziert werden", betonte der amerikanische Forscher Scott Peppet in einem wissenschaftlichen Papier und sagte schon im Jahr 2011 eine rasante Verbreitung von Geschäftsmodellen mit Gesundheits-Sensoren vorher. Er stellte sich dort eine Zukunft mit "digitalen Dossiers" vor, in die ausführliche private Informationen etwa zu Gesundheit oder Arbeitsleben einfließen könnten. Schon die Ablehnung, Einblick in diese Daten "der Bank, der Kreditkartenfirma, der Versicherung oder einem potenziellen Arbeitgeber zu verweigern, könnte den Eindruck entstehen lassen, dass man etwas zu verbergen habe", warnte Peppet.

"Wer nichts zu verbergen hat, braucht sich nicht verstecken", ist ein gern verwendeter Satz, wenn es um Datenschutz- und Sicherheitsbedenken geht. Auch hierzulande wurde in Bezug auf die Vorratsdatenspeicherung der Satz von Politikern bedient. Wer kann voraussagen, welche Konsequenzen beziehungsweise Gefahren dieses Vorgehen birgt. Sollte ein Arbeitgeber beziehungsweise über die privaten Gewohnheiten tatsächlich Bescheid wissen und diese kontrollieren?

Vorsicht bei den eigenen Daten

Man sollte nicht alle Daten auf seinem Smartphone oder einem anderen internetfähigen Gerät speichern. Wer seine Fitness- und Gesundheitsdaten gerne mitverfolgt und überprüft muss, um es sicher zu machen, einen gewissen Aufwand betreiben. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eine noch so sichere Anwendung gehackt werden kann.

(APA/Dpa)

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