Wie Syrer mit Pokémon Go Politik machen

Eine Fotomontage eines syrischen Künstlers: Das Pikachu weint für ein syrisches Kind.
Eine Fotomontage eines syrischen Künstlers: Das Pikachu weint für ein syrisches Kind. Moustafa Jano Janographic, Facebook
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Während die ganze Welt nach virtuellen Ungeheuern jagt, werde der syrische Bürgerkrieg nicht beachtet, kritisieren Aktivisten - und springen auf den Hype auf.

Fünf Jahre nach Beginn des syrischen Bürgerkriegs sind fünf Millionen Menschen im In- und Ausland auf der Flucht. Hunderttausende Syrer sind gestorben, 1,9 Millionen Menschen wurden als Folge der Kämpfe zwischen dem Regime von Machthaber Bashar al-Assad und Rebellengruppen verletzt.

Menschenrechtsaktivisten machen sich nun den Spieletrend Pokémon Go zu Nutze, um darauf hinzuweisen, dass das Bomben, die Selbstmordattentate und der Hunger in dem Bürgerkriegsland nach wie vor zum Alltag gehören - obwohl das Thema in der Öffentlichkeit wenig präsent ist.

Pikachus, Schiggys, Bisasams und andere kleine Monster des Augmented Reality Spiels sollen auf die harte Realität des Krieges hinweisen. Diese Woche veröffentlichte das "Revolutionary Forces of Syria Media Office", eine oppositionelle Mediengruppe, eine Fotoreihe über Kinder, die mit Illustrationen der Ungeheuer posieren. "Komm hilf mir", sagen die Pokémon. Die Fotografien dürften nahe Hama und Idlib entstanden sein. Nach jahrelangen Kämpfen sind die Städte derzeit in der Gewalt oppositioneller Gruppen.

Wenn du so viel Zeit damit verbringst, imaginäre Kreaturen zu jagen, warum kannst du dich dann nicht mehr für Kinder einsetzen, die in Kriegsgebieten aufwachsen, scheint die Botschaft hinter der Aktion zu sein.

Doch auch Künstler und Aktivisten außerhalb des Landes nutzen den Pokémon-Hype für ihre Botschaften. Der syrische Künstler Moustafa Jano, der in Schweden um Asyl angesucht hat, veröffentlichte auf seiner Facebook-Seite Bilder von Pokémon, die für eine Zukunft in Europa ihr Leben riskieren.

"Als das Pokémon in Europa ankam, war es schockiert... Die Grenze war geschlossen und die Gesetze der Menschlichkeit galten nicht mehr", schrieb er zu dem Bild eines Pikachu hinter einem Stacheldraht-Zaun.

In einem seiner Beiträge zitiert er den schwedischen Autor Jonas Gardell. "Großvater, was hast du im Sommer 2016 gemacht, als die Welt in Flammen stand? Oh, liebes Enkelkind, wir suchten nach Pokémon-Figuren auf unseren Smartphones!"

In Dänemark startete der syrische Grafikdesigner Saif Aldeen Tahhan bereits vergangene Woche eine ähnliche Aktion. Er ließ sich von dem Design der Pokémon-Go-App inspirieren und kreierte Syria Go. Statt der Pocket-Monster sollen aber Schulbücher, Erste-Hilfe-Kästen und Rettungsringe eingefangen werden.

>>> Bericht im "Guardian".

>>> Bericht auf "BBC".

>>> Seite des "Revolutionary Forces of Syria Media Office"

(maka)

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