Fünf Jahre ohne Steve Jobs: Apple sucht noch die Vision

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Vor seinem Tod gab Apple-Chef Jobs seinem Nachfolger Tim Cook einen wichtigen Rat - Er solle sich niemals fragen: "Was würde Steve jetzt tun?"

Am 5. Oktober 2011 starb Steve Jobs nach seinem langen Kampf gegen den Krebs, den er mit 56 Jahren endgültig verlor. Dabei hinterließ er seinen Nachfolgern ein schwieriges Erbe. Steve Jobs war Apple. Er war es auch, der es innerhalb von 15 Jahren schaffte, das Unternehmen in den 1990er-Jahren aus der Krise zu holen und mit dem iPod und iPhone Apple zum wertvollsten Unternehmen der Welt zu machen.

Aber auch intern hatte Steve Jobs in allen wichtigen Belangen ein entscheidendes Wort mitzureden: Er bestimmte die Strategie, feilte mit Designchef Jony Ive am Aussehen der Produkte. Der Perfektionszwang ging so weit, dass er auch die Farbnuancen der Apple-Logos in den Geräten bestimmte.

In der offiziellen Biographie von Walter Isaacson kommen viele Freunde, Ex-Arbeitskollegen und Mitarbeiter zu Wort und dabei ist immer wieder die Rede von Jobs Drang alles bis ins kleinste Detail mitbestimmen zu müssen, die Rede. Beinahe alle akzeptieren sein Vorgehen und seine Entscheidungen, aber nur wenige konnten seine Gedanken nachvollziehen.

Übergangszeit mit großen Herausforderungen

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Und auch aus diesem Grund sind die Fußstapfen von Steve Jobs überdimensional groß. Im August 2011 gab er den Posten des Firmenchefs an Tim Cook ab. Aber zugleich versprach Jobs noch, an der Spitze des Verwaltungsrates weiter für Apple da zu sein. "Ich war überzeugt, er erholt sich auch diesmal", sagte Cook vor kurzem in einem Interview der "Washington Post". "So, wie er es immer getan hat." Doch Jobs konnte den Krebs nicht besiegen, er starb am 5. Oktober 2011, einen Tag nachdem der sichtlich mitgenommene Tim Cook das iPhone 4S vorgestellt hatte. 

Seitdem reißen Debatten darüber nicht ab, wie innovativ Apple ohne Steve Jobs sein kann. Schließlich gilt er als die treibende Kraft hinter allen großen Erfolgen von Apple: Der erste Macintosh 1984, der iMac 1998, der iPod 2001, das iPhone 2007 und das iPad 2010. Oracle-Chef Larry Ellison, ein langjähriger Freund und Vertrauter von Jobs, sah eine düstere Zukunft für das Unternehmen: "Wir haben ein Apple ohne Steve Jobs schon gesehen", winkte er in einem Fernsehinterview ab.

Bis heuer widerlegte Apple die Untergangspropheten stets mit neuen Rekordergebnissen. Besonders groß war der Sprung mit dem iPhone 6, als im Weihnachtsgeschäft 2014 als mit der Einführung größerer Modelle die iPhone-Verkäufe um 46 Prozent auf rund 74,5 Millionen Geräte hochschnellten.

Jobs machte nicht jedes Produkt zu Gold

Seit seinem Amtsantritt wird Tim Cook mit Steve Jobs verglichen. Es tauchen immer wieder die gleichen Fragen auf. Zehrt Apple noch von den Visionen von Steve Jobs? Hätte es diese Entwicklung auch unter dem Apple-Gründer gegeben? Hätte es überhaupt eine Apple-Uhr gegeben? Oder eher einen Fernseher oder etwas ganz anderes? Auf jeden Fall klar ist, dass auch der legendäre Produktvisionär Jobs in seiner Ära etliche Niederlagen einstecken musste.

So verpatzte Apple noch unter ihm den Start des Online-Dienstes MobileMe, das Musik-Netzwerk Ping war eine Totgeburt, einige Geräte wie der Lautsprecher Apple Hifi verschwanden schnell wieder. Und auch dem charismatischen Jobs, der in persönlichen Gesprächen bekannte Musikstars für seinen iTunes-Service begeistern konnte, gelang es dann nicht, den Widerstand der amerikanischen Fernsehindustrie gegen einen TV-Service von Apple zu brechen.

Doch das iPhone war immer ein zuverlässiger Geldlieferant für das Unternehmen und das Aushängeschild. Im vergangenen Jahr gelang es in einem abgebremsten Smartphone-Markt gerade noch, die Verkaufszahlen aus dem Vorjahr knapp zu übertreffen. Doch 2016 sanken die iPhone-Verkäufe erstmals seit der Markteinführung.

Apple gab bereits bei der Präsentation der neuen iPhone-Modelle bekannt, dieses Mal keine Verkaufszahlen zu den Geräten nach dem ersten Verkaufswochenende zu nennen. Dennoch deuteten Analysten anhand von Aussagen von Mobilfunkbetreibern und Vorbestellungen, dass Apple das Ruder rumreißen könne. Doch die Euphorie hat sich gelegt und Experten gehen nun davon aus, dass das iPhone 7 nicht die Wende einläuten werde.

Apple am Scheideweg

Cook konnte Apple bereits seinen Stempel aufdrücken, indem er den Konzern bei Themen wie Umweltschutz, Privatsphäre und Gleichberechtigung öffentlich in Stellung brachte. Die Rechenzentren und Apple Stores nutzen erneuerbare Energien, die Kontrollen der Arbeitsbedingungen bei Zulieferern wurden ausgebaut, Apple legte sich vor Gericht mit dem FBI an als der Konzern sich weigerte, das iPhone eines toten Terroristen in Kalifornien zu entschlüsseln. "Ich bin der Meinung, dass ein Chef von Apple an der nationalen Debatte zu solchen Fragen teilnehmen sollte", sagt Cook. Das alles hatte Produktvisionär Jobs zumindest öffentlich nicht unbedingt als Prioritäten erkennen lassen.

Zuletzt musste allerdings Cook beim Versuch, Apple als politisch korrekten Musterschüler zu positionieren, einen herben Rückschlag hinnehmen: Die Forderung der EU-Kommission an Irland, von Apple über 13 Milliarden Euro Steuern nachzufordern, lässt den iPhone-Hersteller in der Öffentlichkeit als Steuersünder erscheinen, obwohl es im Kern nicht um die Frage geht, ob die in Irland angehäuften Milliardengewinne versteuert werden müssen oder nicht, sondern wo, also in Europa oder bei der Rückführung nach Kalifornien in den USA.

Die bahnbrechenden Neuheiten fehlen

An der Gerätefront fehlt es aber noch an bahnbrechenden Neuheiten. Zwar konnte man sich mit der Apple Watch laut Aussagen des Unternehmens bereits an die erste Stelle setzen, aber insgesamt ist der Markt mehr schaumgebremst als hart umkämpft. Und auch die Android-Konkurrenz wird kleiner.

Als einzige neue Produktkategorie betrat der Konzern seit Jobs' Tod das Wearables-Geschäft mit der Computer-Uhr Apple Watch. Sie wurde zwar aus dem Stand die klare Nummer eins in dem noch überschaubaren Markt der Smartwatches - aber die Verkäufe sanken nach Einschätzung der Marktforscher von 3,6 Millionen Uhren zum Start im zweiten Quartal 2015 auf zuletzt um die 1,5 Millionen Geräte pro Vierteljahr. Es gelang also auf Anhieb nicht, den Markt hochzureißen. Apple tastet sich auch noch vor.

(bagre/APA/DPA/)

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