Spielentwicklung: Unabhängige Game-Perlen

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Wer nicht auf maximalen Profit aus ist, kann bei der Spielentwicklung oft kreativer werden. Auf der großen Videospielmesse E3 wurde das eindrucksvoll bewiesen.

Bereits im Sommer des Vorjahres startete Microsoft mit ID@Xbox eine Initiative, die Entwickler von Independent-Spielen zur Microsoft-Konsole locken sollte. Wie gut diese Idee war, zeigt sich nach fast einem Jahr auf der diesjährigen Videospielmesse E3 in Los Angeles wieder in aller Deutlichkeit. Und auch Sony will mit einem starken Indie-Line-up für die Playstation 4 punkten. Während die Publisher mit großen Titeln wie „Halo“, „Tomb Raider“ oder „Assassin's Creed“ auf Actionklassiker für eingefleischte Spieler setzen, finden sich unter den Indie-Titeln innovative und kreative Newcomer. Jonathan Blow, der Entwickler des Indie-Titels „The Witness“ bringt den Vorteil auf den Punkt: „Unser oberstes Ziel ist nicht maximaler Profit, sondern das bestmögliche Spielerlebnis.“ Sein Spiel wird exklusiv für Playstation 4 erscheinen und bietet dem Spieler eine Insel, die er ohne jegliche Vorkenntnisse vornehmlich durch kleine Logikrätsel bespielen kann, wie Blow betont.

Auf den Spuren von Hitchcock. Eine der faszinierenden Indie-Vorstellungen für die Xbox One war „White Night“, ein Spiel im Stil eines Hitchcock-Thrillers, das nach Angaben der Entwickler auch von deutschen Expressionisten inspiriert ist. Das Ergebnis ist ein düsteres grafisches Schwarz-Weiß-Spektakel rund um einen Hausbesitzer, der die dunkle Vergangenheit seiner Villa erforscht. Bereits der Trailer sorgt für Gänsehaut. Begleitet von düsterer, dumpfer Thrillermusik sieht man den Protagonisten aus der Perspektive eines unbeteiligten Zusehers durch sein Haus ziehen. Lediglich Streichhölzer und selten Kerzen oder eine Tischlampe bringen punktuell Licht ins Dunkle.

Mit ganz anderen Qualitäten punktet „Cuphead“ (Xbox One, PC). Das inhaltlich recht klassisch gehaltene Jump  'n'  Run lebt von seiner charmanten Grafik (siehe Bilder), die an die erste Generation animierter Cartoons erinnert. Figuren, Animation und Story könnten von Walt Disney selbst stammen und selbst die Zwischentitel der Stummfilmära fehlen nicht.

Welt ohne Grenzen. Mit „No Man's Sky“ setzt ein Indie-Titel neue Maßstäbe für Open-World-Games. Der Spieler startet auf einem zufällig generierten Planeten, auf dem im Trailer etwa neue Spezies wie Dinosaurier entdeckt werden können. Der Planet setzt dem Open-World-Gedanken allerdings keineswegs Grenzen. Mit einem Raumschiff kann die Reise in eine ganze Galaxie angetreten werden, in der überraschende Abenteuer warten sollen. Das Gameplay zu „No Man's Sky“ wurde auf der E3 von Sony präsentiert, wird also auf jeden Fall zuerst für die Playstation 4 erscheinen – wann genau, ist leider noch unklar.

Ebenfalls auf eine atmosphärische Open World setzt das Spiel „Below“ für Xbox One und PC, in dem tödliche Gefahren lauern, die nichts mit klassischen Bösewichten zu tun haben. „The Long Dark“ (PC) schlägt in eine ähnliche Kerbe und lässt den Spieler in der Wildnis eines nördlichen Waldes allein. Dort kämpft man nicht gegen fantasievolle Gegner, sondern gegen die Natur, Dunkelheit und Kälte.
Auch Indie   Cade, das größte Indie-Games-Festival, das im Oktober in Los Angeles stattfindet, hatte seinen Auftritt auf der E3 und präsentierte gleich ein ganzes Bündel an Spielen. Darunter das beeindruckende Serious Game „Thralled“, das sich um eine junge Sklavin dreht, die flüchtet, um ihr verlorenes Kind zu suchen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2014)

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