„Call of Duty“: Ein Spiel lässt Hollywood alt aussehen

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Eine Milliarde Dollar in 16 Tagen: Die Ballerspiele der „Call of Duty“-Reihe des Spieleverlags Activision Blizzard brechen alle Rekorde. Am Dienstag erscheint mit „Black Ops II“ schon die neunte Auflage der Serie.

Wien. „Keine Gefangenen, Kameraden!“ Der Befehl zu Beginn eines jeden Mehrspieler-Matches bei „Call of Duty“ (auf Deutsch etwa: „Die Pflicht ruft!“) lässt keine Zweifel daran, worum es bei dem Spiel geht: Töten oder getötet werden. Aber wenn heute, Dienstag, weltweit gleichzeitig der neunte Teil der „Call of Duty“-Reihe unter dem Namen „Black Ops II“ in die Geschäfte kommt, wird das in den Feuilletons keine „Killerspiel“-Debatte auslösen. Wie zuvor bei Actionfilmen ist auch dieser Kampf längst entschieden. Die Ballerspiele haben gewonnen. Und wie.

Spiele des Genres „First Person Shooter“ – in denen der Spieler mit der Waffe in der Hand herumläuft und mehr oder weniger auf alles ballert, was sich bewegt – sind heute eine eigene Milliarden-Dollar-Industrie. Und die „Call of Duty“-Reihe vom Spieleverlag Activision Blizzard setzt regelmäßig neue Standards. Der achte Teil der Reihe („Modern Warfare 3“) hatte in den ersten zwei Tagen nach Erscheinen vergangenes Jahr knapp 400 Millionen Dollar eingespielt – und zwar allein in den USA und Großbritannien. Mehr als je ein Kinofilm am wichtigen ersten Wochenende einbrachte. Nach nur 16 Tagen war die erste Milliarde Dollar erreicht. Der finanziell erfolgreichste Film aller Zeiten, James Camerons „Avatar“, hatte dafür „ganze“ 17 Tage benötigt.

Nach dem Gesetz der Serie müsste „Black Ops II“ seinen Vorgänger wieder in den Schatten stellen. Mit rund 22 Millionen verkauften Exemplaren war „Modern Warfare 3“ das mit Abstand meistverkaufte Spiel im Jahr 2011 – obwohl es erst Mitte November erschien. Der Hype, der schon Monate vor dem Release eines „Call of Duty“-Spieles im Internet stattfindet, sucht seinesgleichen – auch in dieser Branche. Schon vor Erscheinen des Spiels finden sich mehr als eine halbe Million Videos zum Thema „Black Ops II“ auf YouTube – in denen Fans jedes bereits bekannte Detail des Spiels ausführlich analysieren: Welche Waffen wird es geben, welche speziellen Fähigkeiten für die Spieler, welche Mehrspieler-Karten?

Drehbuch vom Batman-Autor

Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht dabei keineswegs die Kampagne – obwohl die Story dazu aus der Feder des Drehbuchautors David S. Goyer stammt, der unter anderem auch am Buch des Batman-Blockbusters „The Dark Knight Rises“ mitgeschrieben hat. Nein, die Fans der Reihe warten vor allem auf die Multiplayer-Schlachten. Das ist auch das Geheimnis des Erfolges der Reihe: „Call of Duty“ hat die Onlineballerei auf den Spielkonsolen salonfähig gemacht – zuvor war das Genre auf PC-Spieler beschränkt.

Und da liegt auch die Achillesferse von „Call of Duty“. Verleger Activision Blizzard hat zwei Videospielstudios beauftragt: Infinity Ward und Treyarch –  wobei Ersteres die „Call of Duty“-Reihe erfunden hat und für die ungemein erfolgreiche Modern-Warfare-Serie verantwortlich zeichnet. Alle zwei Jahre ist Treyarch mit der „Black Ops“-Serie dran. Und das erste Spiel der Serie blieb im Jahr 2010 hinter den Erwartungen der Fans zurück. Das Online-Angebot war zu fehlerhaft – nachträgliche Patches konnten die meisten Probleme zwar beheben, aber der Schaden war da. Die Fehler von „Black Ops“ wurden von der Community mit der ihr eigenen Detailverliebtheit dokumentiert und kritisiert – was der Konkurrenz die Chance zum Aufholen gab.

Der Abstand ist aber noch immer gewaltig: Spielegigant Electronic Arts hat von seinem Spiel „Battlefield 3“ insgesamt „nur“ 12,4 Millionen Exemplare verkauft. Microsofts „Halo“ erscheint ausschließlich für die hauseigene Xbox-Konsole. Alle anderen First-Person-Shooter – von „Far Cry“ bis „Crysis“ – laufen sozusagen außer Konkurrenz. In Sachen Verkaufszahlen können nur die (Kinder-)Spiele der Wii-Konsole von Nintendo mithalten. Geht es um den Umsatz, ist Activision Blizzard aber sein eigener größter Feind.

Ganz oben: „Vom Winde verweht“

Denn das überaus beliebte Online-Multiplayer-Rollenspiel „World of Warcraft“ stammt auch aus diesem Haus. Das Spiel ist zwar schon fast zehn Jahre alt, wird aber durch zahlreiche Updates am Leben erhalten. Und rund zehn Millionen Spieler zahlen 13 Dollar im Monat.

Die Spieleindustrie macht in den USA bereits heute den zweieinhalbfachen Umsatz der Filmindustrie – Activision kommt allein auf einen Umsatz von 4,8 Mrd. Dollar. Einen Rekord gilt es aber noch zu knacken. Wenn man die Inflation seit 1939 einrechnet, hat das Vier-Stunden-Epos „Vom Winde verweht“ nämlich 3,2 Milliarden Dollar eingespielt und steht nach 73 Jahren noch immer ganz oben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2012)

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