Eltern müssen die PCs ihre Kinder nicht überwachen – Aufklärung reicht, so ein deutsches Gericht.
Karlsruhe/Reuters. Eltern haften für ihre Kinder? Im öffentlichen Raum vielleicht. Aber im Internet? Nein, sagt der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe: Eltern haften für den illegalen Online-Musiktausch ihres minderjährigen Kindes grundsätzlich dann nicht, wenn sie den Nachwuchs ausreichend über das Verbot einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt haben.
Erst wenn die Eltern Anhaltspunkte für illegale Aktivitäten ihres Kindes hätten, müssten sie den PC kontrollieren. Der BGH hob damit ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln auf.
Emi klagte Eltern
Das Paar, ein Chefarzt und seine Frau, war unter anderem von Emi Music Germany wegen Urheberrechtsverletzung verklagt worden. Denn bei einer Durchsuchung hatte sich herausgestellt, dass der damals 13-jährige Sohn 2007 über Monate hinweg illegal Musik aus dem Internet heruntergeladen und auf Internettauschbörsen angeboten hatte.
Das Kölner OLG gab den Klägern recht und verurteilte das Paar wegen Verletzung der Aufsichtspflicht zu 3000 Euro Schadenersatz. Die Eltern hätten sehen müssen, dass auf dem PC Tauschbörsenprogramme, sogenannte Filesharing-Software, aufgespielt und zum Teil auch auf dem Desktop sichtbar gewesen seien, hatte es geheißen.
Das OLG habe Anforderungen an ein ideales Elternpaar gestellt, das mit allen Wassern gewaschen sei, kritisierte der vorsitzende Richter Joachim Bornkamm und fragte: Müssen Eltern ihren Kindern denn grundsätzlich misstrauen?Nein: Eltern müssten ihr Kind weder beim Surfen überwachen noch den PC regelmäßig überprüfen oder den Internetzugang sperren, hieß es in der BGH-Entscheidung dann auch.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2012)