Lustobjekt Kamera

Leica
Leica(c) AP (Dieter Nagl)
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Alte Leica-Kameras erzielen auf Auktionen in Wien ein Vielfaches ihres Schätzwertes, und die neuesten Modelle sind regelmäßig ausverkauft. Woher kommt diese Leidenschaft?

Um 588.000 Euro wurde vor fünf Jahren in Wien die erste Kamera der Welt versteigert. Damals war das auch die teuerste Kamera. Heute, „ein sehr niedriger Preis, wenn man den historischen Wert bedenkt“, erklärt Kameraexperte Peter Coeln im Gespräch mit der „Presse“. Die richtig hohen Preise konzentrieren sich bei Kameras heute auf eine Marke: Leica. Im Mai wurden mit einer Leica-0-Serie 2,1 Mio. Euro erzielt, im November brachte die M3D des Life-Fotografen Duncan stolze 1,68Mio. – ein Vielfaches des Schätzwertes. Das hat etwas mit Leidenschaft und Emotionalität zu tun, mit der Lust am Objekt, erklärt Coeln. Leica sei in diesem Sinne vergleichbar mit Uhrenmarken wie Rolex oder Cartier oder mit bestimmten Automarken. Coeln hat vor 21 Jahren in Wien weltweit den ersten Leica-Shop eröffnet und später mit dem Westlicht auch ein Museum und Auktionshaus gegründet.

Der zufällige Dachbodenfund

Seine erste eigene Leica hat Coeln auf einem Flohmarkt in London gekauft. Die Zeiten der Flohmarktschnäppchen sind allerdings vorüber. Noch seltener ist der Dachbodenfund. Die erste Kamera von 1839 war ein solcher Zufall. Der deutsche Professor Wolfgang Haase kam damals zu Coeln und wollte drei Leicas verkaufen, die er gefunden hatte. Wie oft handelte es sich aber nicht um seltene Geräte, und Coeln stellte nur wenige hundert Euro in Aussicht. Enttäuscht zeigte Haase dann noch „so einen alten Kasten“. Der Experte fiel fast in Ohnmacht: „Die Kamera von 1839 kannte man bis dahin nur aus Beschreibungen.“

Dass heute ausgerechnet Leica-Kameras so hohe Preise erzielen, hat etwas mit der großen Geschichte der deutschen Firma zu tun, sagt Coeln. Viele Kameras, die bei Auktionen hunderttausende bis Millionen Euro einbringen, haben aber auch eine eigene Geschichte. Oft wurden mit ihnen Ikonen der Fotografiegeschichte geschossen, oder sie waren der tägliche Begleiter berühmter Fotografen.

Neue Leica? Bitte warten.

Auch neue Leicas sind beliebter als je zuvor. Die Firma hat sich von einer schweren Krise gut erholt und heute erinnern die Lieferzeiten der Topmodelle ein wenig an die begehrtesten Handtaschen von Louis Vuitton und anderen Luxusmarken. „Manchmal muss man ein Jahr warten“, sagt Coeln. Schuld daran ist jedoch nicht ausschließlich der Wert der Marke. Auch technisch gibt es derzeit keine andere digitale Kamera, die so viele typische Analog-Elemente bietet. Durch die manuelle Herstellung sind auch die lieferbaren Stückzahlen einfach geringer. Der Stolz des Besitzers fördere einen ganz anderen Umgang mit der Kamera und damit auch bessere Bilder, sagt Coeln. Auch technische Details, wie das Fehlen eines Autofokus, beeinflussen das Ergebnis. „Man fotografiert bewusster“, erklärt Coeln. „Man drückt nicht nur ab und hofft, dass etwas Gutes drauf ist“. Er findet es auch schade, dass heute Fotos nur mehr selten ausgedruckt werden. Das haptische Erlebnis, alte Fotos nach Jahren wieder in die Hand nehmen zu können, gehe verloren. In dem neuen Leica-Store in der Wiener Innenstadt wird deshalb ein Druckservice angeboten und kräftig beworben. Auch Fotos, die mit einer Nikon oder Canon gemacht wurden, seien hier willkommen, sagt Coeln. Würde er heute zu sammeln beginnen, wäre wohl Nikon das Objekt seiner Begierde. Denn der Teich der alten Leicas ist beinahe leer gefischt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.12.2012)

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