Mensch und Roboter: Ein eingespieltes Team

Mensch Roboter eingespieltes Team
Mensch Roboter eingespieltes Team(c) EPA (Franck Robichon)
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Das Wechselspiel zwischen Mensch und Maschine wird immer genauer erforscht: Roboter sollen dem Menschen eine gute Hilfe sein und Dinge erledigen, die sie selbst nicht schaffen.

Der „kleine Hobbit“ ist derzeit allgegenwärtig, bzw. die Verfilmung des Tolkien-Romans. Die TU Wien bastelt auch an einem „Hobbit“: Im EU-Projekt wird ein kleiner Roboter gebaut, der älteren Menschen im Alltag hilft. „Wir arbeiten mit dem Haus der Barmherzigkeit zusammen“, sagt Gruppenleiter Markus Vincze (Institut für Automatisierungstechnik). Der helfende Roboter soll 1,20 Meter groß sein und sich rollend voranbewegen. „Die Basis ist mit 40 Zentimetern schmäler als bisherige Modelle, die sich mit 60 Zentimetern schwertun, in Wohnungen überall durchzukommen“, so Vincze. Außerdem wirkt ein kleiner Roboter weniger beängstigend. Denn im Endeffekt sollen Roboter und Senioren als gutes Team zusammenarbeiten.

„Es gibt Dinge, die kann ein Roboter sehr gut, andere nicht“, so Vincze. So kann der Roboter gut Sachen vom Boden aufheben – das fällt älteren Menschen schwer. Doch er erkennt nicht, was er genau greifen soll. Hier soll der Mensch helfen, den Roboter hinführen und z.B. auf die Brille zeigen. Auch beim Türöffnen hapert es bei Robotern: Sie müssen nahe hin – zur Klinke, können aber der sich öffnenden Tür schlecht ausweichen. „Der Mensch kann die Türe öffnen und den Roboter bitten, etwas aus dem Nebenzimmer zu holen.“

Vincze brachte diese Woche 20 namhafte Robotik-Experten der ganzen Welt nach Wien, die ihre neuesten Ergebnisse präsentierten. Die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten ist enorm: Die University of Hong Kong stellte etwa „smarte“ Roboter vor, die vom „Dünndarm bis zum Mond“ Einsatz finden. Viel Aufmerksamkeit bekamen auch menschenähnliche (humanoide) Roboter.

Die Vermenschlichung von Robotern wollen auch Dietmar Bruckner und Dietmar Dietrich vom Institut für Computertechnologie intensivieren. Allerdings haben sie weniger den Körper als den Geist im Fokus. Sie machen im Roboter Romeo, der fächerübergreifend an der TU Wien entwickelt wird, Sigmund Freuds Strukturmodell wirksam: Das Modell der menschlichen Psyche (Es, Ich, Über-Ich) soll die Entscheidungsfindung von Robotern vereinfachen. Die künstliche Intelligenz nutzt quasi die Denkmuster des Menschen, um ein- und ausgehende Signale gezielter zu verarbeiten.


Evas freundliche Augen.
Auch Studenten bringen an der TU die Roboterforschung voran. Im Projekt „Eva“ entwickeln sie einen billigen Roboter: Der Kopf ist eine Ikea-Schüssel und eine Plastiktortenform, in die ein Minibeamer ein freundliches Gesicht projiziert. Dabei wird die Kommunikation zwischen Mensch und Roboter erforscht. Ist „Eva“ inaktiv, sind ihre Augen geschlossen. Nach dem Befehl „Eva, wach auf“ hebt der Roboter den Kopf, öffnet die Augen. Das Gerät soll vom Menschen lernen, was mit Dingen im Haushalt zu tun ist, z.B. dass die Fernbedienung auf den Tisch gehört.

In einem Wechselspiel zwischen Roboter und Mensch werden die Arbeitsschritte programmiert. „Durch Nicken und Augenbewegungen weiß man, ob der Roboter verstanden hat, was der Mensch sagt. Nur wenn man erkennt, dass der Partner aufmerksam ist, klappt Kommunikation“, sagt Vincze. Letzendlich soll der Roboter wie ein Tamagotchi sein, um das man sich kümmert. „Die Attachment-Theorie kennt man von Haustieren: Sie geben Liebe, und der Mensch sorgt gern für jemanden“, so Vincze.

Bei der Kommunikation hapert es aber noch beim Verstehen menschlicher Sprache. Zwar wird Sprache gut erkannt, wenn man direkt in ein Mikrofon redet (z.B. beim Handy), doch aus einer Menge von Hintergrund- und Eigengeräuschen des Roboters ist es schwierig, das herauszufiltern, was das menschliche „Herrchen“ sagt.

Auch das Gehen ist für humanoide Roboter noch eine Herausforderung. Zwar gibt es Vorzeigegeräte wie „Romeo“ oder „Asimo“ von Honda (ca. 300.000 Euro), doch auch sie können nur auf gut präpariertem Boden auf zwei Beinen schreiten. „Erst langsam lernen Humanoide auf unebenen Böden zu gehen. Gehmechanismen mit mehr als zwei Beinen funktionieren besser“, sagt Vincze.

Auf vielbeinige Roboter haben sich Grazer Forscher spezialisiert, ihnen dienen u.a. Insekten als Vorbild. Die Gruppe vom „Artificial Life Lab“ der Uni Graz nutzt das Verhalten von Schwarmtieren für die Technik: So können Roboter – wie im Bienenstock oder Ameisenhaufen – ohne übergeordneten „Chef“ schnell Entscheidungen treffen und z.B. optimale Wege oder illegale Mülldeponien am Meeresgrund finden. Ein kraxelnder Roboter der TU Wien wird demnächst auch in Wiener Trinkwasserleitungen eingesetzt: Der einen Meter kleine „DeWaLop“ kann Rohre säubern, in die Menschen nicht hineinkriechen können.

Unerwartete Einsatzmöglichkeiten von Robotern kann man diese Woche auch beim Kongress „Rob/Arch2012“ bewundern. Der Forschungsverein „Robots in Architecture“ der TU Wien zeigt die Wichtigkeit von Robotern in der kreativen Industrie – z.B. mit Beton fräsenden und Holz bearbeitenden Robotern. Die größte Veranstaltung rund um Roboter steigt jedoch im Technischen Museum Wien: Bis Juli 2013 läuft die Ausstellung „Roboter. Maschine und Mensch“. Im von der Ars Electronica entwickelten RoboLab kann man selbst ausprobieren, wie Roboter gesteuert, programmiert – und lieb gewonnen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2012)

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