IT-Industrie: Dell bereitet Abschied von Börse vor

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In der Hand weniger Eigentümer könnte der PC-Hersteller sein Geschäft radikaler umbauen, hofft Firmengründer Michael Dell. Er will Dell von der Nasdaq nehmen. Gespräche mit Finanzinvestoren laufen bereits.

New York/Wien/Bloomberg/Weber. Michael Dell hat genug. Nach 25 Jahren an der Börse denkt der Gründer des gleichnamige PC-Herstellers darüber nach, sein Unternehmen mithilfe von Finanzinvestoren von der New Yorker Nasdaq zu nehmen. Ohne alle drei Monate Rechenschaft über das Geschäft ablegen zu müssen, so seine Überlegung, könnte er Dell radikaler umbauen und zu neuem Wachstum verhelfen.

Dell führe Gespräche mit den Finanzinvestoren Silverlake Partners und TPG, berichten das „Wall Street Journal“ und die Agentur Bloomberg. Diskutiert werde ein sogenannter Leveraged Buy-out. Dabei werden Schulden im Namen des zu übernehmenden Unternehmens – in diesem Fall Dell – aufgenommen und aus den laufenden Einnahmen zurückgezahlt. Das Risiko wird von dem Investor auf das betroffene Unternehmen übertragen, weswegen diese Vorgangsweise der „Heuschrecken“ keinen guten Ruf genießt.

Dell ist 19 Milliarden Dollar wert

Geht der Deal wie geplant über die Bühne, wäre das der größte LBO seit 2007. Denn insgesamt ist Dell rund 19 Milliarden Dollar wert. Eine Übernahme dieser Größenordnung zu stemmen ist schwierig, doch die Zeichen stehen gut. Dells Bewertung an der Börse ist äußerst niedrig, obwohl die Aktien nach Bekanntwerden der Verhandlungen um 13 Prozent zugelegt haben.
Außerdem verfügt das Unternehmen über einen ansehnlichen Cash-Polster von 14 Milliarden Dollar, die zum Teil für die Übernahme verwendet werden können. Und obwohl Dell mit einem schwächelnden PC-Geschäft kämpft, generiert es genug Gewinne, mit denen die Schulden zurückgezahlt werden könnten.

Der Druck, etwas zu unternehmen, ist jedenfalls groß. Der Markt für PCs und Laptops – Dells Kerngeschäft – schrumpft, da Konsumenten immer mehr auf mobile Endgeräte und sogenanntes Cloud Computing setzen. Allein im vierten Quartal 2012 sind die Computerauslieferungen laut dem Marktforscher Gartner um 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr gefallen. Bei Dell sei das Geschäft um 20 Prozent zurückgegangen.

Während Apple und Samsung vom Boom mobiler Endgeräte profitieren und sich über Rekordgewinne freuen, muss Dell Umsatzeinbußen hinnehmen. Die Einnahmen aus dem PC-Geschäft sanken im Geschäftsquartal, das Anfang November endete, um 19 Prozent. Der Gewinn brach um 47 Prozent auf 475 Mio. Dollar ein.

Mehr Freiheit beim Umbau

Sollte sich Dell bald in den Händen einiger weniger Privatinvestoren befinden, hätte das Management mehr Flexibilität bei der Erneuerung der Konzernstrategie. „Sie könnten massiv in eine Mobilstrategie investieren, ohne dass diese jedes Quartal von Aktionären genau beäugt wird“, sagt Rich Kugele, ein Analyst von der Investment Bank Needham & Co. Ein Strategiewechsel weg von Hardware und hin zu profitabler Software und Dienstleistungen wäre wohl auch mit heftigen Umsatzrückgängen verbunden. Ohne im Visier von Anlegern und Analysten zu stehen, könnte dieser Wechsel schneller vonstatten gehen.

Schon im Jahr 2010 hatte es Gerüchte gegeben, dass Dell wegen seiner Probleme von der Börse genommen wird. Die Pläne verliefen damals allerdings im Sand. Ob die Übernahme diesmal klappt, könnte in den nächsten sechs Wochen entschieden werden, berichtet das „Wall Street Journal“. Bloomberg schreibt, es könnte schon diese Woche zu einer Entscheidung kommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2013)

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