Urheberrecht digital: Die Festplattenabgabe wackelt

Festplattenabgabe wackelt
Festplattenabgabe wackelt c AP DANIEL ROLAND
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Die geplante Gebühr auf digitale Speichermedien erhöht die Kosten für Konsumenten um 108,6 Mio. Euro im Jahr, so die Händler. Die Chancen auf eine baldige Einführung schwinden.

Wien. Im Kampf der Lobbys um die Einführung der Festplattenabgabe rüstet jetzt der Elektronikhandel auf: Würde die geplante Gebühr bereits eingehoben, hätten Konsumenten im Vorjahr 108,6 Mio. Euro mehr für ihre Notebooks, Festplatten und Smartphones bezahlen müssen. Die Berechnungen auf Basis der GfK-Verkaufszahlen im Jahr 2012 liegen der „Presse“ exklusiv vor.

„Wir sind bei Festplatten schon heute international nicht wettbewerbsfähig“, sagt Damian Izdebski, Gründer von DiTech und Sprecher der Händlerlobby „Plattform für ein modernes Urheberrecht“. In den vergangenen Jahren seien die Festplattenverkäufe um 70Prozent eingebrochen, weil manche Händler aus Sorge, dass die Abgabe rückwirkend eingeführt wird, mehr verlangen und Rücklagen bilden.

„Abenteuerliche Zahlen“

Worum geht es? Das Justizministerium arbeitet derzeit an einer Novelle des Urheberrechtsgesetzes, die laut EU-Vorgabe spätestens im Frühling in Begutachtung gehen muss. Mit der Novelle wollte die Regierung auch die Ausweitung der sogenannten Leerkassettenabgabe auf digitale Speichermedien beschließen. Mit der Abgabe wurde bisher das Recht abgegolten, Privatkopien auf Kassetten oder CD-Rohlingen zu erstellen. Da aber immer weniger Menschen Lieder und Filme auf Kassetten kopieren, sondern sie lieber auf dem Computer speichern, brachen die Einnahmen der Künstler aus diesem Bereich von bis zu 18 Mio. Euro auf sieben Mio. Euro ein. Die Festplattenabgabe sollte das ausgleichen.

Doch die Allianz der Gegner ist breit. Netzaktivisten, Grüne, Teile der SPÖ, die Arbeiter- und die Wirtschaftskammer machen gegen die Gebühr mobil. Sie können nicht nachvollziehen, warum Konsumenten auch dann für das Recht auf Privatkopien bezahlen sollen, wenn sie auf ihren Festplatten etwa nur private Urlaubsfotos speichern.

Andererseits kämpfen die Verwertungsgesellschaften und die Urheber für die neue Einnahmequelle. Auch sie stützen sich dabei auf eine GfK-Studie. Demnach speichern sechs Millionen Österreicher urheberrechtlich geschützte Inhalte auf ihren Festplatten. Nach Angaben des Musikverbands hat sich jeder Sechste von ihnen die Musik zudem illegal über Filesharing-Netzwerke organisiert. Die Zahlen des Handels über die Kostenbelastung der Konsumenten seien „abenteuerlich“, sagt Gerhard Ruiss, Autor, Musiker und Mitinitiator der Initiative „Kunst hat Recht“. Er rechnet mit zehn bis 13 Mio. Euro. „Wir wollen keine Kostenbelastungen schaffen, sondern ein gutes Verhältnis zum Publikum.“

21,60 Euro extra für ein Handy

Die 108,6 Mio. Euro seien nicht abenteuerlich, sondern Realität, wenn man die von den Verwertungsgesellschaften bereits verkündeten Tarife ernst nehme, verteidigen die Händler ihre Zahlen. Ein Handy mit 30 Gigabyte Speicherplatz würde dann 21,60 Euro mehr kosten. Eine Festplatte 21 bis 32 Euro mehr. Eigentlich sollte die Wirtschaftskammer die Tarife nachverhandeln, auch die Künstler drängen auf Gespräche. Doch die Kammer weigert sich, solange nicht geklärt ist, ob die Abgabe überhaupt rechtens ist. „Wir sind nicht bereit, über Tarife zu reden, weil das gesamte Konzept falsch ist“, so Izdebski. Statt Festplatten zu verteuern, sollten Musik und Filme etwas mehr kosten. Es sei unsinnig, eine Gebühr für Privatkopien zu zahlen, solange die Produzenten ihre Werke mit Kopierschutz versehen und sie so niemand legal kopieren könne.

Die Chancen auf eine rasche Einführung der umstrittenen Abgabe schwinden. SPÖ-Kulturministerin Claudia Schmied äußerte sich zuletzt skeptisch. „Die Zeit ist schon sehr knapp“, heißt es auch im Justizministerium. Es gebe „keine Garantie“, dass die Abgabe in der Novelle aufscheinen wird. Der geplante Termin Ende Februar sei jedenfalls unrealistisch. Bis spätestens Anfang April muss man sich einigen, um die Abgabe in dieser Legislaturperiode einzuführen.

Fraglich ist allerdings, ob das überhaupt notwendig ist. Denn die EU hat bereits angekündigt, sich der Frage 2014 oder 2015 anzunehmen und eine EU-Richtlinie zu erlassen. Dann wäre die österreichische Lösung vermutlich hinfällig.

Auf einen Blick

Die Regierung plant mit der Reform des Urheberrechts auch eine Festplattenabgabe, um den Künstlern zu mehr Einnahmen zu verhelfen. Doch die Zeit wird knapp, denn eine Einigung mit dem Handel scheint außer Sicht. Kunden würden mit 108,6 Mio. Euro im Jahr belastet, klagt die Branche.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2013)

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