System Shock 2: Retroschock mit viel Gänsehaut

System Shock Retroschock viel
System Shock Retroschock viel(c) Looking Glass Studios
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Das fast 14 Jahre alte Computerspiel "System Shock 2" ist jetzt als legaler Download verfügbar. Der Titel war wegweisend für die Branche.

Es war ein Jubeltag für Fans von älteren Computerspielen, als das Spieleverkaufsportal „Good Old Games“ (GOG.com) verkündete, dass es die Rechte für die digitale Distribution des Klassikers „System Shock 2“ erworben hatte. Seit Jahren schon haben Kunden des Anbieters nach dem Titel gefragt, der im Herbst 1999 erschienen ist. Das Spiel wurde von Kritikern hochgelobt, entwickelte sich bei den Verkaufszahlen enttäuschend, konnte aber eine bis heute ungebrochen treue Fangemeinde für sich gewinnen.

Und das aus gutem Grund. Selbst aus aktueller Sicht brilliert „System Shock 2“ mit einer packenden Erzählung und einer düsteren Atmosphäre an Bord eines havarierten Raumschiffs, die sich hinter Sci-Fi-Horror-Filmklassikern wie „Alien“ nicht verstecken muss. Natürlich kann die grafische Darbietung nicht mit aktuellen Titeln mithalten. Das von Looking Glass Studios entwickelte Spiel vereinte damals bereits Action- und Rollenspiel-Elemente. Gewissermaßen geistige Nachfolger von „System Shock 2“ sind derzeit die „Bioshock“-Reihe (die aus dem Grund ganz bewusst das Wortelement „shock“ nutzt) und das im vergangenen Herbst erschienene „Dishonored“.

Schein und Sein. Sony rühmte bei der Vorstellung seiner neuen Spielkonsole Playstation 4 diese Woche die Grafikleistung des Geräts. Viele Spieler reagierten aber mit Skepsis. Denn egal, wie schön ein Titel präsentiert wird: Wenn es sich nur um den x-ten Aufguss ein und desselben Spielprinzips handelt, nützt auch der schönste Schein nichts. Genau darunter leidet der Spielevertrieb Electronic Arts (EA), dessen Endlosreihen „Fifa“, „Madden“ und „Need for Speed“ inzwischen zweistellige Versionsnummern besitzen, spielerisch aber auf der Stelle treten.

Ausgerechnet EA hielt jahrelang die Rechte an „System Shock 2“. Im Jahr 2006 schien es sogar, als würde ein dritter Teil in Arbeit sein. Es wurde aber bald wieder ruhig um den Titel. Zumindest aus Entwicklersicht. Denn die Fans begannen selbst an dem betagten Spiel zu basteln, um es mit besserer Grafik oder knackigeren Soundeffekten auszustatten. Besonders beliebt sind die „Mods“ genannten Erweiterungen „Rebirth“ und „SHTUP“, die die Grafik ein paar Jahre nach vorn werfen.

Auf GOG.com war „System Shock2“ lange Zeit das meist angefragte Spiel, ohne dass die Anbieter es aber bereitstellen konnten. Durch die Pleite von Looking Glass Studios waren die Rechte zwischen EA und einem Versicherungsunternehmen aufgeteilt. Erst als Stephen Kick vom kleinen Studio Night Dive im Oktober des Vorjahres im Alleingang begann, die legalen Verknüpfungen zu entwirren, wurden die Weichen für eine legale Download-Version des Klassikers gestellt. Als es dann Mitte Februar so weit war, jubelten die fast 35.000 Spieler, die „System Shock 2“ auf die Wunschliste bei GOG.com gesetzt hatten.


Widersacher. Seit der Wiederveröffentlichung hält sich der Titel an der Spitze der Bestseller der Plattform. Und demnächst soll auch der deutlich größere Distributor Steam das wegweisende Spiel vertreiben. Dann werden sich noch mehr Fans in düsteren Korridoren mit Mutanten und der bösartigen künstlichen Intelligenz Shodan herumschlagen können. Letztere hat auch nach fast 14 Jahren nichts von ihrer Bedrohlichkeit eingebüßt. An dieser Stelle ein Tipp der Redaktion: Wer „System Shock 2“ allein in dunklen Umgebungen spielt, sollte gute Nerven haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2013)

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