Teslas eigennütziger Altruismus

File photo of people arriving to hear Tesla Motors CEO Musk demonstrate its new battery swapping program in Hawthorne
File photo of people arriving to hear Tesla Motors CEO Musk demonstrate its new battery swapping program in Hawthorne(c) REUTERS
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Der US-Elektroautohersteller Tesla gibt anderen Firmen seine Patente für Elektromobilität frei. Damit soll der Durchbruch von E-Autos beschleunigt werden – wovon Tesla profitieren würde.

Wien. Es war eine gut inszenierte Aktion: Schon Stunden vorher machte Elon Musk, der Chef des kalifornischen Elektroautoherstellers Tesla, auf Twitter darauf aufmerksam, dass es „bezüglich der Tesla-Patente“ bald eine spannende Neuigkeit geben werde. Am Donnerstagabend europäischer Zeit veröffentlichte er dann einen Blog-Eintrag auf der Tesla-Homepage, der innerhalb weniger Stunden auf der ganzen Welt Widerhall fand. Denn Musk erklärte darin, dass Tesla gegen Patentverletzungen von anderen Firmen rechtlich nicht mehr vorgehen wird, wenn diese „mit guter Absicht unsere Technologie verwenden wollen“.

„Tesla wurde gegründet, um nachhaltige Mobilität voranzutreiben. Wenn wir nun den Weg für überzeugende Elektroautos frei machen, wäre es konträr zu diesem Ziel, Landminen in Form von Patenten für andere zurückzulassen“, so Musk weiter. Man werde neue Technologien daher zwar weiter patentieren, andere Firmen aber bei Verletzungen dieser Patente nicht mehr verklagen – außer, diese Unternehmen gehen selbst wegen Patentverstößen gegen Tesla vor oder versuchen konkrete Tesla-Modelle zu imitieren.

Gegner sind Benzinautos

Begründet wird dieser Schritt von Musk damit, dass pro Jahr „fast 100 Millionen Autos produziert werden und es für Tesla daher unmöglich ist, schnell genug genügend Elektroautos herzustellen, um das damit verbundene CO2-Problem wirksam zu bekämpfen“. Der wahre Gegner seien nicht die paar Elektroautos, die nicht von Tesla stammen, sondern „die riesige Flotte an benzingetriebenen Fahrzeugen, die jeden Tag aus hunderten Fabriken weltweit strömen“, so der Tesla-Chef.

Die Offenlegung von eigenen Patenten ist – vor allem für die Autoindustrie – höchst ungewöhnlich. Es passt jedoch zu dem unkonventionellen und bisweilen missionarischen Zugang von Musk zum Thema Mobilität. Schon seit Kindheitstagen träumt der 1971 geborene Südafrikaner von Elektroautos. Und als er im Rahmen des ersten Internet-Hypes der Jahrtausendwende durch den Verkauf des von ihm gegründeten Internetbezahldienstes Paypal zum Milliardär wird, zieht er sich nicht wie andere in ein gemütliches Leben als Investor zurück, sondern steigt bei der jungen Firma Tesla ein, um seine Träume Wirklichkeit werden zu lassen. Nach mehreren heftigen Rückschlägen gelingt ihm dort schließlich, was in einer Branche mit lauter etablierten Konzernen keiner für möglich gehalten hätte: Das seit 2012 angebotene Modell S ist nicht nur ein vollwertiger Fünfsitzer mit allem Komfort, sondern überzeugt auch mit einer Reichweite von über 300 Kilometern. Damit wird das ab 65.000 Euro erhältliche Fahrzeug auf Anhieb das meistverkaufte Auto der Oberklasse in den USA und etwa in Norwegen bereits dreimal das meistverkaufte Auto des Monats.

Doch trotz all dieser Erfolge ist der Hersteller mit einer Produktion von etwas mehr als 20.000 Autos im Vorjahr immer noch ein kleiner Spieler. Zu klein, um das „CO2-Problem des Verkehrs“ lösen zu können, wie Musk schreibt. Aber auch zu klein, um ein anderes Projekt von Musk erfolgreich werden zu lassen. So plant der Unternehmer in Kooperation mit dem japanischen Elektronikkonzern Panasonic eine „Gigafabrik“ für Akkus, die in Elektroautos verwendet werden. Ab 2020 soll dort das Doppelte der aktuellen Weltproduktion dieser Speicher vom Band laufen, wodurch auch der Preis um mindestens 30 Prozent sinken soll.

Android für die Straße?

Damit es genügend Abnehmer für die Akkus gibt, wären jedoch mehr Elektroautos auf den Straßen notwendig – egal, von welchem Hersteller. Und das will Musk wiederum mit der Offenlegung der Patente – etwa über Schnellladesäulen – bewirken. „Wir glauben, dass Tesla, andere Firmen und die Welt von einer schnell wachsenden Technologieplattform profitieren würden“, schreibt er in seinem Blog. Experten vergleichen sein Vorgehen dabei mit dem Smartphone-Betriebssystem Android, das von Google auch offengelegt und über andere Kanäle für den Konzern wieder zum Umsatzbringer wurde. Und der Plan von Musk scheint zu funktionieren: So gab BMW am Freitag bekannt, dass sich Mitarbeiter mit Vertretern von Tesla bereits getroffen hätten.

AUF EINEN BLICK

Der US-Elektroautohersteller Tesla will künftig gegen Patentverstöße anderer Unternehmen nicht mehr vorgehen. Damit soll der Elektromobilität zum Durchbruch verholfen und das CO2-Problem im Verkehr gelöst werden, so Tesla-Chef Elon Musk. Davon würde auch Tesla profitieren: Denn das Unternehmen will bis 2020 eine riesige Batteriefabrik errichten, die Abnehmer braucht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2014)

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