Spiegelreflexkameras: Analog und digital vereint

Hasselblad: Vorn mechanisch, hinten digital.
Hasselblad: Vorn mechanisch, hinten digital. Hasselblad
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Analoge Spiegelreflexkameras haben nichts von ihrer hohen Qualität eingebüßt. Hasselblad bietet die Möglichkeit, beide Welten zu vereinen.

Jahrzehntelang waren die analogen Spiegelreflexkameras des V-Systems von Hasselblad ein begehrtes Luxusobjekt unter Profifotografen und ambitionierten Hobbyfotografen. 2013 war dann Schluss. Die letzte 503CW lief Ende April vom Band, und Hasselblad stellte die Produktion ein. Die Nachfrage sei zu stark gesunken. Seither ist ein Jahr vergangen, aber Hasselblad hat die vielen Besitzer eines (zumindest damals nicht gerade günstigen) V-Systems nicht vergessen. Heuer kann, wer will, sein V-System mit einer digitalen Rückwand zu einer modernen Digitalkamera umrüsten. Um 12.000 Euro wird ein Modul mit Display an die Rückseite geschnallt, und schon liefern gute alte V-System-Kameras ab Baujahr 1957 50-Megapixel-Aufnahmen. Einstellungen können dann angeblich bequem über das Display vorgenommen werden, und die Bilder werden auf einer gängigen Speicherkarte gespeichert.

Entschleunigung.
Was nach einer attraktiven Möglichkeit klingt, hat sich tatsächlich in der Fotoindustrie nie wirklich durchgesetzt. Canon und Nikon experimentierten in der Frühzeit der Digitalfotografie mit digitalen Rückwänden. Jedesmal, wenn das Modul dann marktreif war, hatten sich die Digitalkameras jedoch schneller entwickelt und waren fortschrittlicher und günstiger als das Ergänzungsteil für analoge Kameras, erklärt Karl Geier vom Wiener Leica-Shop, der bis zur Decke mit analogen Kameraschätzen gefüllt ist. Geier nimmt eine alte Hasselblad aus der Vitrine und dreht an der Kurbel: „Ein mechanisches System ist sehr langlebig und leicht zu reparieren.“ Wer die langsame und gezielte Fotografie schätzt, also etwa Landschaftsaufnahmen oder Architekturfotografie, könne mit einem hochwertigen analogen System auch heute noch glücklich werden, meint der Experte. Eine Hasselblad, die vor 30 Jahren noch ein Vermögen kostete, sei heute erschwinglich und der Preisverfall bei digitalen Rückwänden groß. Geier weiß das, weil auch Leica vor einiger Zeit eine solche Rückwand für die R8 und die R9 anbot. Bei dem V-System von Hasselblad wäre es eine schöne Möglichkeit, die hohe technische Qualität in beiden Welten auszunutzen: Die digitale Rückwand kann mit einem schnellen Handgriff wieder gegen die analoge mit dem Film getauscht werden. Ein weiterer Vorteil: Man kann die große Zahl guter Carl-Zeiss-Objektive von Hasselblad verwenden.

Wer nicht nur langsame Aufnahmen von stillen Motiven im Sinn hat, der kommt nicht um eine Digitalkamera herum, meint auch Geier. Aber auch dann gibt es Möglichkeiten, von der analogen Welt zu profitieren. Auf nahezu jede digitale Spiegelreflexkamera passen alte Objektive. So ließe sich etwa ein besonderer Tonwert oder ein antiker Charme auf die Aufnahme zaubern. Beim Kauf könne man allerdings viel falsch machen, sagt Geier, und rät zum analogen Fachhändler statt zur digitalen Gebrauchtwarenbörse.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2014)

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