Das Ende der E-Reader-Vielfalt

E-Book-Reader
E-Book-Reader Michaela Bruckberger
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Sony zählte zu den Pionieren bei den Lesegeräten für elektronische Bücher. Es folgten zahllose andere Geräte – mittlerweile konzentriert sich der Markt aber auf wenige Anbieter.

Noch vor wenigen Jahren herrschte am Markt für E-Book-Reader Goldgräberstimmung. Kaum ein Hersteller nahm ein solches Gerät nicht in sein Portfolio auf. Ganz vorne dabei war Sony. Der japanische Konzern hatte schon in der grauen Vorzeit moderner E-Ink-Displays Erfahrungen im E-Book-Reader-Geschäft gesammelt und brachte 2006 noch vor Amazons Kindle einen der ersten E-Ink-Reader auf den Markt. Rund acht Versionen des Sony-Readers sind seither erschienen. Damit ist jetzt aber Schluss.


Domäne der Buchhändler. Sony wird laut einem Bericht von Lesen.net keine weiteren E-Book-Reader produzieren und zieht sich damit aus dem Geschäft komplett zurück. Der Schritt mag kaum überraschen: Weit mehr als die Hälfte des Marktes ist fest in den Händen von Amazon. Es folgt Apples iPad als Lesegerät für elektronische Bücher und dann wird die Luft bereits dünn – je nach Markt bringen es noch einige Buchhändler auf brauchbare Absatzzahlen. Etwa Barnes & Noble mit dem Nook oder im deutschsprachigen Raum der Buchhandel mit dem Tolino. In Deutschland sah die Verteilung Ende 2013 laut GfK so aus: 43 Prozent des Marktes hielt Amazon mit dem Kindle, 12 Prozent entfielen auf Tolino und dann folgte bereits Sony mit 11 Prozent.

Schon im März hatte Sony bekannt gegeben, dass der zum Reader gehörige Bücher-Shop geschlossen wird. Kunden sollen sich künftig im Kobo-Store bedienen – ein US-Buchhändler, der wie Amazon seinen eigenen E-Book-Reader im Programm hat.

Sony überlässt den Buchhändlern jedenfalls nach wie vor einen stark wachsenden Markt. Für 2013 meldete der deutsche E-Book-Shop eBook.de ein Wachstum bei den Verkäufen von rund 80 Prozent und laut GfK besitzen nur neun Prozent der Deutschen bereits einen E-Book-Reader. Der Branchenverband Bitkom geht sogar von noch weniger Geräten aus. Das Potenzial, neue Kunden an Land zu ziehen, ist also auch in westlichen Märkten noch sehr groß. Warum sich Sony dennoch zurückzieht?

Das Netflix der E-Books. Sony ist zwar ein medialer Tausendsassa mit einem Portfolio, das sich von Computerspielen über Blockbuster und Musik erstreckt. Bücher gehören jedoch nicht zur Stärke des japanischen Elektronik-Riesen. Es sind aber die Bücher, mit denen das Geld gemacht wird. Die Gewinnmarge ist bei E-Book-Readern, die selten viel mehr kosten als 100 Euro, relativ gering. Für Amazon zahlt es sich folglich aus, Lesegeräte – zu denen auch ein Tablet und demnächst ein Smartphone zählen – zu Kampfpreisen anzubieten. In den USA ist Amazon bereits den nächsten Schritt gegangen und hat überhaupt einen Abo-Dienst für E-Books gestartet. Um rund 10 Dollar pro Monat können Nutzer so viel lesen, wie sie möchten. Auch wenn der durchschnittliche Amazon-Kunde vielleicht nicht einmal ein Buch pro Monat liest – ähnliche Modelle sind Nutzer bereits für Filme (Netflix) und Musik (Spotify) gewohnt. Auch Apple wird sich also in Zukunft warm anziehen müssen. Das iPad gehört zwar zu den beliebtesten Geräten für E-Book-Leser. Aber Amazon hat schließlich auch eine Kindle-App für Tablets. Samsung hat die Situation bereits richtig eingeschätzt und bietet zumindest in Europa keine E-Reader an. Stattdessen gibt es einen Deal mit Amazon, dank dem auf Samsung-Tablets einige E-Books kostenlos gelesen werden dürfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2014)

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