Alternative zu Google: Sicherheit allein ist nicht genug

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Sie wollten eine Art persönliche Suchmaschine schaffen und später eine Alternative zu Google sein. Scheiterten jedoch an zu wenigen Nutzern. Da konnte auch die NSA-Affäre nicht helfen. Was wurde eigentlich aus Archify?

Ein Webdienst für alle Seiten, die man im Internet jemals besucht hat. Eine Art persönliche Suchmaschine für das eigene Surfverhalten im Internet. Das Wiener Start-up Archify wurde im Jahr 2010 mit hohen Erwartungen gegründet. Archify sollte alles speichern, was sich der Nutzer im Browser angesehen hat. Einen Artikel, vor drei Tagen auf „DiePresse.com“ gelesen, ein Kochrezept, das man am Vorabend schnell gesucht hat, all das sollte am nächsten Tag und ohne erneutes Durchsuchen diverser Homepages gefunden werden. User konnten Archify außerdem mit ihren sozialen Netzwerken verbinden – um so die geposteten Inhalte ihrer Freunde durchsuchen zu können.

Der Zielgruppe – junge und internetaffine Menschen – schien die Idee zu gefallen. Nur zwei Monate nach der Gründung 2010 verwendeten bereits 3000 Personen die kostenlose Anwendung des damals 38-jährigen Gründers Gerald Bäck und seiner Kollegen Max Kossatz und Walter Palmetshofer. Archify schien eine reale Chance zu haben, sich auf dem Markt zu etablieren. Das sah auch ein dänischer Investor so, der das gesamte Team für drei Monate nach Kopenhagen holte.

Doch es sollte nicht genügen. Trotz neuer Kontakte aus dem Norden Europas und erster Geldflüsse kam Archify nicht vom Fleck. Nach dem sprunghaften Anstieg der Nutzerzahlen sank das Interesse der Internetgemeinde an dem Projekt. Daran änderten auch ein Umzug nach Berlin und das Risikokapital eines Londoner Investors nichts. Archify konnte die Grenze von 20.000 Nutzern nur langsam erreichen und sie letztendlich nicht durchbrechen.

Neustart mit Blippex. Eine neue Lösung musste her. Trotz des ersten Fehlschlages gründeten Bäck und seine Kollegen im Sommer 2013 Archify unter dem Namen Blippex neu. Blippex sollte nun eine Alternative zum Internetriesen Google darstellen. Mit im Gepäck: bewährte Archify-Technologie und ein neuer Suchalgorithmus, der Blippex zum Durchbruch verhelfen sollte. Während Google Dokumente und Homepages anhand ihrer Verknüpfungen untereinander bewertet, geht der Blippex-Algorithmus von der Verweildauer der User auf der jeweiligen Seite aus. Wird eine Homepage nur wenige Sekunden lang überflogen, scheint sie relativ unwichtig. Ist ein Nutzer minutenlang auf einer Seite, wird sie in der Wichtigkeit nach oben gereiht.

Hintergrund für die Neugründung war auch der Skandal rund um die Spionageaffäre des US-Geheimdienstes NSA. Seit Jahren greifen Geheimdienste aus den USA auf Daten von Internetnutzern aus der ganzen Welt zu. Amerikanische Internetkonzerne dienen dabei als willige Handlanger. Die neue Suchmaschine sollte Abhilfe schaffen. Blippex sollte nicht nur eine bessere Suchmaschine als Google sein, sondern auch die privaten Nutzerdaten vor dem Zugriff der amerikanischen Spionageprogramme schützen. Doch auch das sollte für den Durchbruch nicht reichen. Nach dem Ausbleiben weiterer Investorengelder entschlossen sich Bäck und Kossatz heuer, Blippex einzustellen.

Zumindest als Start-up. In Zukunft wird Blippex nämlich als Non-Profit-Verein weitergeführt. Dafür haben die Investoren ihre Anteile an der Suchmaschine an die Gründer zurückgegeben. Derzeit findet die rechtliche Umstellung statt. Den Nutzern scheint das alles nichts auszumachen. Rund 300.000 bis 500.000 Suchanfragen am Tag hat Blippex laut Bäck noch immer.

Auch der Start-up-Szene sind die beiden erhalten geblieben. Bäck ist aktuell als Entwickler und Consultant in der Softwarebranche tätig und sieht sich nach neuen Projekten um. „Ich möchte auf jeden Fall Unternehmer bleiben“, so Bäck.

Max Kossatz ist wieder bei einem Start-up tätig. Er hat zu Hitbox gewechselt. Das Start-up bietet Streaming-Angebote für Videospieler an. Auf der Plattform können Spieler ihre Spielerlebnisse mit anderen teilen.

Archify

2010 wurde das Start-up Archify von Gerald Bäck, Max Kossatz und Walter Palmetshofer gegründet.

2013 wurde Archify eingestellt und als Blippex neu gegründet.

2014 stellten die Gründer auch Blippex ein. Zumindest als Start-up. Die Suchmaschine wird als Non-Profit-Verein weitergeführt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2014)

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