Smart TV: Dummer Fernseher ist klügere Wahl

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Hersteller versuchen unter dem Schlagwort Smart TV, Funktionen zu vermarkten, die Nutzer über andere Wege besser konsumieren können

Fernsehen als simples Berieseln hat ausgesorgt. In den Wohnzimmern von heute soll nicht einfach nur vorgefertigtes Bildmaterial aus dem Kabel (oder vom Satelliten) kommen, sondern umfassende, auf die Wünsche des Konsumenten maßgeschneiderte Unterhaltung. Wie diese auszusehen hat, versuchen insbesondere die TV-Gerätehersteller dem Kunden seit Jahren mit großem Werbeaufwand einzureden. Verständlich, sucht die Branche doch seit Jahren nach dem Alleinstellungsmerkmal, um Jahr für Jahr neue Kunden zu finden. Erst war es 3-D-Fernsehen, inzwischen heißt das Schlagwort Smart TV. Kein Fernseher kommt mehr ohne Internetfunktion und diverse Spezial-Apps aus – obwohl die Ergebnisse oft zu wünschen übrig lassen.

Dafür lassen sich zweierlei Gründe festmachen. Nämlich die Tatsache, dass TV-Hersteller wenig bis keine Erfahrung beim Thema Softwareentwicklung haben. Das zeigt sich in überladenen, trägen und zum Teil undurchschaubaren Menüführungen und Einstellungen. Die Kunden sind aber durch ihre Smartphones bereits gewohnt, dass Unterhaltungselektronik durchaus auch intuitiv, flott und flüssig gesteuert werden kann.

Daraus ergibt sich auch das zweite Problem. Ein Fernseher ist eine Anschaffung, die man nicht alle zwei Jahre wieder ersetzt, so wie es bei Smartphones in der Regel der Fall ist. Bei Preisen, die oft in den vierstelligen Eurobereich gehen, auch kein Wunder. Aber dafür lässt sich weder Hardware noch Software des Geräts einfach aktualisieren. Samsung bietet hier mit seinem Evolution Kit eine Möglichkeit, doch auch diese ist nur auf ausgesuchte Modelle beschränkt. Und bezüglich Software schauen sich andere Hersteller bereits nach externen Partnern um. LG nutzt das von Smartphones kommende Web OS, Panasonic setzt auf Mozillas Firefox OS, und Sony holt sich Unterstützung mit Googles Android TV. All diese Systeme sind klar auf intuitive Steuerung ausgelegt und kommen von Anbietern, die langjährige Erfahrung mit Software-Entwicklung haben.

Zusatzgerät. Wer wirklich smarte Wohnzimmerunterhaltung will, der greift in den meisten Fällen zu einer externen Box – die man als Kabel- oder Satelliten-TV-Konsument ohnehin meist noch zusätzlich hat: Sei es ein spezialisierter Streaming Client wie die Geräte von Roku, sei es eine Spielkonsole, die neben Games auch noch umfassenden Zugriff auf Musik, Videos und On-Demand-Angebote ermöglicht. Sie alle bieten im Regelfall mehr, als es sogenannte Smart TVs können.

Genau für diese Kunden ist das smartere Gerät aber der „dumme“ Fernsehapparat. Ein Gerät, das eine hervorragende Bildqualität und viele Anschlussmöglichkeiten aufweist und nicht durch Funktionen, die nicht benötigt werden, teurer gemacht wird. Die Consumer Electronics Show (CES) Anfang Jänner hat gezeigt, dass sich einige Hersteller wieder mehr auf die Verbesserung der Bildqualität als auf das Drumherum konzentrieren. Nach Adoption der 4K-Auflösung (bzw. Ultra-HD, wie manche Hersteller dazu sagen) sollen mit sogenannten Quantenpunkten noch schönere Bilder auf die Flachbildschirme gebracht werden.

Was bei der CES heuer eklatant aufgefallen ist: Die Werbetrommel für 3-D-Fernseher hat diesmal kein Hersteller mehr gerührt. Es ist nicht undenkbar, dass auch das Schlagwort Smart TV in Zukunft eine geringere Rolle spielen wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2015)

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