Mahrer sucht im Silicon Wadi das Geheimnis des Erfolgs

REGIERUNGSKLAUSUR IN KREMS: PK MAHRER
REGIERUNGSKLAUSUR IN KREMS: PK MAHRERAPA/HANS KLAUS TECHT
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Global denken, Fehler machen und daraus lernen: Israel, eines der innovativsten Länder der Welt, gewährt Wirtschaftsstaatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) Einblick in sein Schaffen.

Israel: ständig in den Schlagzeilen wegen des Nahostkonflikts, permanent in den Reiseführern wegen Destinationen wie Jerusalem und zuletzt auch im Terminkalender von Wirtschaftsstaatssekretär Harald Mahrer (ÖVP). Dort landete Israel aber nicht wegen politischer Krisen oder kultureller Highlights, sondern wegen seines weniger im Schlaglicht der Weltöffentlichkeit stehenden wirtschaftlichen Erfolgs.

Denn Israel zählt zu den innovativsten Ländern der Welt. Das zeigen schon die nackten Zahlen: Zwischen 250.000 und 300.000 der rund acht Millionen Einwohner arbeiten im Hightech-Sektor. Aus dem Bereich kommen auch mehr als die Hälfte der industriellen Exporte des Landes. Die Forschungs- und Entwicklungsquote liegt (selbst ohne den in Israel starken militärischen Bereich) bei rund vier Prozent und zählt damit zur Weltspitze (Österreich: 3,01 Prozent). 80 Prozent der Forschungsausgaben kommen aus dem privaten Sektor. Geforscht, investiert und gegründet wird im sogenannten Silicon Wadi, der zweitwichtigsten Hightech-Region nach dem unangetasteten Silicon Valley in Kalifornien.


Global denken. Was Israel besser als die meisten anderen Länder macht, wollte Mahrer von Unternehmern, Investoren, Forschern und Abgeordneten des Knesset während seines dreitägigen Besuchs in der Vorwoche wissen. Er will vom Silicon Wadi lernen, um dem ehrgeizigen und bislang lediglich schwer erreichbar scheinenden Ziel, Österreich als Gründerland Nummer eins in Europa zu positionieren, ein Stück näher zu rücken. Zugleich versuchte Mahrer, Österreichs Start-up-Szene zu bewerben.

Doch zuerst wurde zugehört. Die Gastgeber erteilten – nicht ohne Stolz – bereitwillig Auskunft. So auch Zeev Holtzmann und Zvi Schechter. Die beiden Gründer von Giza Venture Capital, die seit über 20 Jahren im Geschäft sind und mehr als 600 Millionen US-Dollar in über 100 Start-ups investierten, waren auf die Frage nach den Wurzeln des Gründererfolgs gut vorbereitet. Sie dürfte ihnen öfter gestellt werden.

In ihrem kleinen Folder, den sie der österreichischen Delegation vorlegten, sah der Staatssekretär einzelne Puzzleteile des Erfolgs aufgelistet. „Von Fehlern lernen“, „von Beginn an global denken“ und „kurze Geschichte des Landes – Vergangenheit ist für uns kein Hemmschuh“ war da etwa zu lesen.

Die Unternehmer identifizierten aber noch viele weitere Puzzleteile, etwa den Wert der langen – zwei bzw. drei Jahre dauernden – Wehrpflicht. Eine Zeit, in der Männer und Frauen in den Spezialeinheiten der Armee nicht nur viel Wissen im Hightech-Bereich, sondern auch Führungserfahrung sammeln können. Die Leute hätten hier zudem keine Angst vor der Zukunft. Wenn sie mit ihren Projekten scheiterten, dann probierten sie es eben noch einmal. In großen, renommierten Unternehmen zu arbeiten sei für viele nicht mehr das wichtigste Ziel. „In der Vergangenheit wollten die Leute noch Doktor oder Rechtsanwalt werden, jetzt wollen sie etwas gründen“, so die Unternehmer.

Das wird ihnen in Israel von staatlicher und privater Seite leicht gemacht. „Bürokratie kann diese Unternehmen leicht umbringen“, warnt etwa Itay Beck, stellvertretender Direktor des Technologie-Inkubator-Programms aus dem im israelischen Wirtschaftsministerium angesiedelten Office of the Chief Scientist (OCS). Dem OCS stehen jährlich 50 Millionen US-Dollar für Investitionen in die 26 in Israel tätigen Inkubatorenzentren (Zentren zur Starthilfe für Jungunternehmen) zur Verfügung. Die meisten konzentrieren sich auf die Bereiche Informations- und Kommunikationstechnologie, Life Sciences, Biotechnologie, saubere Technologien und Medizin. Erst kürzlich wurde der erste Inkubator für Lebensmitteltechnik gegründet.

„Kapital nach oben offen“. In Israel blüht – anders als in Österreich – auch der Risikokapitalmarkt. Während sich Österreich nur langsam vom Rückzug eines Großteils der privaten Investoren erholt und die öffentliche Hand mit fast 94 Prozent des zur Verfügung gestellten Kapitals eine essenzielle Rolle bei der Finanzierung spielt, finden sich in Israel viele private Investoren. „Die Menge an Kapital ist nach oben offen“, zeigt man sich im Silicon Wadi – auch angesichts des steigenden Interesses ausländischer Investoren – selbstbewusst.

Mahrer holt nach jedem Vortrag seiner fast im Stundentakt wechselnden Gesprächspartner zu einer ähnlich klingenden Rede aus: Es geht dann um seinen Wunsch, Österreich zum Start-up-Land Nummer eins in Europa zu machen, seine Gründerstrategie, die nicht im Elfenbeinturm, sondern mit den Akteuren selbst entwickelt worden sei, und um seine eigenen Erfahrungen als Unternehmer. Mahrer packt immer eine Mappe aus: eine Information über das Pioneers-Festival in Wien. Für das kommende Jahr möchte er so viele israelische Partner wie möglich hinlocken. Eine fixe Zusage ergatterte er.

Um weitere kann sich der Staatssekretär spätestens im Herbst kümmern. Da steht nämlich schon der nächste Israel-Besuch im Kalender. Gemeinsam mit Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) soll dann dem Hightech-Vorzeigeland ein neuerlicher Arbeitsbesuch abgestattet werden.

Die Länder

Israel zählt zu den innovativsten Ländern der Welt. Die zivile Forschungsquote liegt bei rund vier Prozent. Dafür ist vor allem der Privatsektor mit rund 80 Prozent der Forschungsausgaben verantwortlich.

Österreich. Staatssekretär Mahrer will Österreich zum Gründerland Nummer eins in Europa machen. Eine Strategie wurde bereits präsentiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2015)

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