Actionspiele machen angeblich krank

„Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.“
„Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.“ Activision
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Gesteigertes Alzheimer-Risiko durch Actionspiele prognostiziert eine kürzlich erschienene Studie. Andere Untersuchungen belegen, dass Videospiele schlau und schnell machen.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie im Wissenschaftsmagazin „Medical Xpress“ sorgte für große Aufregung. Vor allem bei Fans von Actionspielen wie „Call of Duty“, „Assasin's Creed“ oder auch „Battlefield“. Derzufolge sollen vor allem Vielspieler Gefahr laufen, im Alter an Alzheimer oder Depressionen zu erkranken. „,Call of Duty‘ steigert Alzheimer-Risiko“, „Videospiele machen psychisch krank“, titelten einige Medien und ließen dabei einen wichtigen Punkt aus: Um die Ergebnisse verifizieren zu können, fehlt es noch an weiteren Forschungen. Man kann also wieder beruhigt durchatmen.

Das bisherige Ergebnis der Studie besagt nur, dass bei Vielspielern zur Navigation bei klassischen Spielen eine andere Gehirnregion angesprochen wird. Grundsätzlich ist dafür der Hippocampus zuständig und nicht der Nucleus caudatus. In 81 Prozent der Fälle konnte man bei Hirnmessungen von Vielspielern feststellen, dass sie das für willkürliche Bewegungen zuständige Areal verwendeten. Interessant ist dabei, dass diese 81 Prozent ihre Aufgaben besser bewältigten als die übrigen 19 Prozent und weniger geübten Spieler. Für Dr. Gregory West, den Leiter der Studie, ist das dennoch kein Grund, unbekümmert mit diesem Thema umzugehen: „Wir wissen aus früheren Studien, dass es bei Menschen, die auf Strategien zurückgreifen, die auf dem Nucleus caudatus basieren, weniger Gehirnmasse und -aktivität im Hippocampus gibt.“

Studien gehen weit auseinander

Der tatsächliche Stand der Studien in Bezug auf Computerspiele und mögliche Auswirkungen auf das Gehirn spricht eine andere Sprache. Eine 2013 veröffentlichte Studie des Max-Planck-Instituts kam zu dem Schluss, dass Videospiele durchaus sehr gut für das Gehirn sein können. Bei den Probanden habe sich nämlich im Vergleich zur nicht spielenden Kontrollgruppe eine Vergrößerung des rechten Hippocampus, des präfrontalen Kortex und von Teilen des Kleinhirns feststellen lassen können. Genau diese werden zur räumlichen Orientierung, Gedächtnisbildung und zum strategischen Denken benötigt. Auch interessant: Je mehr Freude die Testpersonen hatten, umso ausgeprägter die Veränderungen in den oben genannten Arealen.

Unterschiedliche Auslegungen

Abschließend kam das Max-Planck-Institut bei seiner Studie zu einem gänzlich anderen Urteil bezüglich der Auswirkungen von Computerspielen. „Die Ergebnisse belegen, dass sich bestimmte Hirnregionen durch Videospiele gezielt trainieren lassen“, sagt Studienleiterin Simone Kühn. Man geht sogar einen Schritt weiter und erwägt die Möglichkeit, Videospiele zur Therapie von Alzheimer-Patienten oder psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie oder posttraumatischen Belastungsstörungen einzusetzen. Gestützt wird dieses Ergebnis durch zahlreiche andere Studien, die belegen, dass Computerspiele die Vorstellungskraft verbessern. Es ließ sich zudem eine gesteigerte Aufmerksamkeit feststellen – und das bereits nach kurzer Zeit. In allen Fällen war die Spielzeit aber maximal auf eine Stunde pro Tag beschränkt. Mittelbar sind die Auswirkungen durchwegs als positiv einzustufen. Aufgrund der noch jungen Geschichte von derartigen Spielen lassen sich freilich die Langzeitauswirkungen nicht abschätzen. Diese Frage beantwortet die aktuelle Studie aber auch nicht.

Die Wahrheit wird wohl in der Mitte liegen. Wie in jedem anderen Fall gilt auch beim Zocken: „Die Dosis macht das Gift.“ Man sollte also in jedem Fall darauf achten, nicht stundenlang vor dem PC zu sitzen und zu zocken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2015)

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