Mehr Auflösung geht im Kleinbildsektor nicht: 50,6 Megapixel bietet die neue Canon 5Ds, Nikons D810 hat 36,3 Megapixel. Wir haben die Kameras verglichen - und einige Überraschungen erlebt.
Es sind harte Zeiten für Kamerahersteller: Handys knabbern massiv an den Marktanteilen reiner Kompaktkameras, spiegellose Systemkameras verdrängen die Spiegelreflexkameras - man muss schon in die Nischenbereiche gehen, um Umsatz zu machen.
Einer dieser Bereiche ist die Auflösung: Wer mehr als 30 Megapixel benötigt, musste bisher auf teure Mittelformatkameras zurückgreifen - oder zu Nikon wechseln. Die Japaner waren im Kleinformatbereich mit einer Auflösung von 36,3 Megapixel seit 2012 konkurrenzlos.
Mit drei Jahren Verspätung kommt jetzt auch ein Megapixelmonster von Canon. Die seit Juni erhältlichen 5Ds und 5DsR (mit Tiefpass-Aufhebungsfilter) bieten 50,6 Megapixel - eine Auflösung, die man bisher nur von Mittelformatkameras kannte.
Surreale Schärfe
Für Natur-, Architektur- und Modefotografen revolutionieren solche Auflösungen die Arbeit. Man muss nicht mehr mit großen, schweren Mittelformatkameras arbeiten, sondern kann im bewährten System bleiben. Doch in welchem: Nikon oder Canon? Sind 50,6 Megapixel wirklich so viel besser als 36,3? Wir haben Canons 5Ds mit Nikons D810 verglichen - und kamen zu interessanten Ergebnissen.
Eingangs ganz kurz zur Canon 5Ds. Es gab bei der Präsentation Anfang des Jahres unter Fotografen zwei große Bedenken gegen so viele Megapixel auf einem 24x36 Millimeter großen Sensor: Die Pixeldichte wird zu deutlich höherem Bildrauschen führen und bereits leichteste Verwacklungen werden genügen, um Unschärfe in die Bilder zu bringen.
Zu letzterem: Canon hat die Spiegelmechanik und den Verschluss neu konstruiert, um Schwingungen zu vermeiden. Gerade bei hoher Bildrate können die Kameravibrationen zu Unschärfen führen (es gibt in dem Zusammenhang bereits Diskussionen über die Canon 7DII, die zehn Bilder pro Sekunde macht und mit ihrer APS-C-Auflösung eine ähnliche Pixeldichte hat wie die 5Ds im Vollformat). Zudem gibt es einen neuen Bildstil "Fine Details", der den Mikrokontrast verstärkt, wodurch das Bild detailreicher und schärfer wirkt.
Wenn das Bild einer 5Ds scharf ist, dann ist die Schärfe fast schon surreal. Unten ein Beispiel, der Buntspecht ist ein 100 Prozent Ausschnitt. Das Bild ist ein jpg direkt aus der Kamera ohne jede Nachbearbeitung. Nicht zu vergessen: Bei 72dpi ist das Originalbild etwa 2x3 Meter groß.
Vergleicht man die technischen Daten der Canon 5Ds mit der Nikon D810, dann liegt einmal Canon voran, einmal Nikon. Man muss selber entscheiden, welche Spezifikationen einem wichtiger sind. So bietet der Autofokus der Canon 61 Punkte, 41 davon sind Kreuzsensoren. Nikon hat 51 AF-Punkte, 15 sind empfindlichere Kreuzsensoren.
Mit Nikon 7 B/sec
Bei der Bildrate liegen beide Kameras bei voller Auflösung gleichauf: Fünf Fotos pro Sekunde, wobei Nikon aufgrund der geringeren Auflösung mehr Speicherkapazität hat: 23 RAW stehen 14 RAW bei Canon gegenüber. Im jpg-Format verarbeitet Nikon bei den schnellsten CF-Karten 100 Bilder, Canon 510, bevor die Kamera pausieren muss.
Ein großer Vorteil der Nikon: Beim Bildschnitt und mit optionalem Batteriegriff erhöht sich die mögliche Zahl der Bilder. Fotografiert man im DX-Format schafft man sieben Bilder pro Sekunde. Bei der 5Ds bleibt die Zahl der Bilder pro Sekunde auch in den anderen Crop-Modi (APS-C und APS-H, also 1,6- und 1,3-fach) gleich.
Und nicht zu vergessen bei Nikon - der eingebaute Blitz. Den hat sich Canon erspart. Gerade zum schnellen Aufhellen tagsüber, wenn man nur die Kamera mit hat, oder zur Steuerung von externen Blitzgeräten ist der eingebaute Blitz ideal.
ISO-Überraschung
Im ISO-Bereich bietet der Canon-Sensor 100 bis 6400 ISO, mit einer Erweiterung auf 50 bzw. 12.800 ISO. Nikons natürlicher ISO-Bereich reicht von 64 bis 12.800. Beim Rauschen erlebten wir die erste Überraschung: Trotz der höheren Auflösung rauscht die Canon nämlich nicht störend mehr als die Nikon. Die Aufnahmen unten vom historischen Sitzungssaal des Parlaments entstanden mit 6400 ISO. Es sind 100-Prozent-Ausschnitte vom Originalbild (jpg direkt aus der Kamera ohne jegliche Nachbearbeitung). Die unterschiedliche Farbwiedergabe hängt mit der unterschiedlichen Auto-White-Balance-Interpretation von Nikon und Canon zusammen.
Die zweite Überraschung erlebten wir bei der Auflösung. Wir haben zum Vergleich die 36,3 Megapixel der Nikon (7360 × 4912 Pixel) auf die 50,6 Megapixel der Canon (8688 x 5792) hochgerechnet. Ohne spezielle Programme, einfach nur in Photoshop. Das Ergebnis der Nikon kann sich durchaus sehen lassen, wie die 100-Prozent-Ausschnitte unten zeigen (das Foto entstand vor dem Parlament, wo Aktivisten vor der Sitzung des Hypo-Untersuchungsausschusses Haft für ÖVP-Politiker forderten).
Fazit: Nikon muss sich mit der D810 nicht verstecken, obwohl Konkurrent Canon fast 40 Prozent mehr Auflösung bietet. Natürlich sieht man auf dem Bildschirm bei 100 Prozent und einem Betrachtungsabstand von 50 Zentimeter bei Canon feinere Details. Aber ob man die Unterschiede bei einer Vergrößerung von ein auf zwei Meter und normaler Betrachtung aus ein paar Meter Abstand noch sieht, ist fraglich.
Preislich (danke für den Hinweis, Leser "lebkuchen") ist die Nikon etwas billiger als die Canon: Das Gehäuse der D810 bekommt man im Fachhandel um etwa 3200 Euro, die 5Ds kostet 3499 Euro.