Die Online-Registrierkassen kommen

Ein Jungunternehmen bietet Registrierkassen an, die im digitalen Zeitalter angekommen sind und mit weit mehr Funktionen als dem Bonieren von Rechnungen aufwarten. Die geänderte Rechtslage treibt ihm Kunden in Scharen zu.

Die Registrierkassenpflicht sorgt für einen längst notwendigen Innovationsschub bei Kassensystemen. Etablierte Unternehmen und Start-ups basteln an schlanken Systemen, die selbst Smartphones zu einer vollwertigen Kassa machen.

Registrierkassenanbieter brauchen zurzeit keine Werbung zu machen: Ihre Kundschaft muss nun so oder so zugreifen. Ab 2016 ist jedes Unternehmen mit einem Jahresumsatz über 15.000 Euro und einem Barumsatz ab 7500 Euro verpflichtet, eine solche Kassa zu verwenden. Und das geht ins Geld: Ein gutes System kann für Anschaffung und regelmäßige Wartung schnell mehrere tausend Euro kosten. Kopfzerbrechen bereitet auch, dass ab 2017 eine erste Erweiterung der Registrierkassenpflicht ansteht. Dann müssen die Geräte eine digitale Signatur erstellen können – die entsprechende Verordnung liegt allerdings noch in Brüssel zur Begutachtung, weshalb noch keine der erhältlichen Registrierkassen entsprechend aufgerüstet werden kann. Gerade billige Kassen, die oft schon um rund 200 bis 300 Euro zu haben sind, müssen somit bereits 2017 ersetzt oder teuer aufgerüstet werden.


Hosentaschenkassa.
„Falls das überhaupt möglich ist“, ergänzt Markus Bernhard. Bernhard hat gemeinsam mit Christopher Fuchs und Markus Tscheik ein Registrierkassensystem entwickelt, das alle diese Probleme vom Tisch wischt. Genau genommen handelt es sich bei Ready2order lediglich um eine Software, die gemietet wird. Das hat gleich mehrere Vorteile. Die Kassa läuft auf nahezu jedem Gerät, das der Unternehmer bereits besitzt: Windows-PC, Mac, Tablet oder Smartphone. Die Rechnung wird drahtlos an einen kleinen Drucker gesendet, der im Preis enthalten ist. Kostenpunkt: ab rund 31 Euro pro Monat.

Der Wechsel von klassischer Tastenkassa zu einem internetbasierten System wie Ready2order muss in der Praxis ähnlich anmuten wie ein Sprung von Wählscheibentelefon zu Smartphone: Jeder Verkäufer kann auf einem Tablet seine eigene Kassenoberfläche angezeigt bekommen und hat dort Zugriff auf alle Artikel sowie einige Statistiken – etwa Tagesumsatz oder Schichtumsatz. Die Oberfläche ist übersichtlich und leicht zu bedienen. Der Verkäufer muss lediglich die Artikel in den Warenkorb legen und anschließend auf Barzahlung oder Kartenzahlung tippen, um die Rechnung an den Drucker zu senden.

Der Unternehmer hat zusätzlich Zugriff auf eine Verwaltungsoberfläche, die er in jedem Internetbrowser aufrufen kann. Dort werden neue Artikel eingepflegt und umfangreiche Statistiken geboten. So wird beispielsweise ausgewertet, welche Produktgruppen sich am besten verkaufen, es können der Umsatz pro Produkt, Statistiken zu Zahlungsart, Stückzahlen und Mitarbeitern angezeigt werden. „Ein traditionelles System mit einer Tastenkassa bietet solche Auswertungen überhaupt nicht“, sagt Bernhard.


Automatische Sicherung.
Die Daten lagern auf einem Server in Deutschland. Ready2order verspricht, sie in keiner Weise auszuwerten: „Auch nicht anonymisiert“, erklärt Bernhard. Dafür müssen sich Unternehmer nicht mehr um die von der Registrierkassenverordnung vorgeschriebenen Datensicherungen kümmern. Sie muss eigentlich jedes Quartal auf einem externen Datenträger erfolgen. „Wir verwenden dafür einfach einen zweiten Server.“ Unternehmer, die auf Nummer sicher gehen wollen, können die Daten jederzeit exportieren und auf einem eigenen Datenträger sichern.


Mini-Drucker für unterwegs. Ready2order kommt vor allem in kleineren und mittleren Betrieben zum Einsatz. Zu den Kunden zählen Restaurants, Bars, Geschäfte, aber auch Taxifahrer oder Friseure und Masseure. Gerade bei Unternehmern, die unterwegs Rechnungen stellen müssen, ist ein internetbasiertes System wie Ready2order ein großer Vorteil. „Unser kleinstes System besteht einfach aus einem Smartphone und einem kleinen Bluetooth-Drucker“, erklärt Bernhard. Damit kann die Rechnung sehr einfach auch unterwegs ausgedruckt werden, während viele andere Anbieter von Kassen-Apps nur eine elektronische Rechnungszustellung erlauben.

„Das System ist nichts für Großbetriebe“, sagt Bernhard und meint damit vor allem Gastronomiebetriebe in der Größe eines Wiener Schweizerhauses. „Sie verwenden komplizierte Systeme, in die Lieferanten und Schankanlage direkt eingebunden sind.“ Theoretisch wären auch solche Systeme mit einer internetbasierten Lösung umsetzbar, Bernhard ist sich aber nicht sicher, ob das kostengünstiger machbar wäre, als es etablierte Unternehmen anbieten. „Außerdem fehlt uns da die Erfahrung“, gibt der Jungunternehmer zu.


Wachsende Konkurrenz. In Österreich war Ready2order laut Bernhard der erste Anbieter eines solchen Kassensystems. Angefangen hat alles vor drei Jahren, als ein Heurigenwirt einem der Gründer, Christoph Fuchs, sein Leid klagte. „Er hatte damals fast 20.000 Euro für sein Kassensystem hingeblättert“, erinnert sich Bernhard. Gemeinsam mit Markus Tscheik witterten die beiden Freunde eine Geschäftsidee und gingen sofort an die Entwicklung. Ready2order ist eigentlich bereits seit eineinhalb Jahren im Regelbetrieb – die Registrierkassenpflicht sorgt nun für Aufwind. Die Kunden fliegen dem jungen Unternehmen nur so zu: Selbst während des Gesprächs mit der „Presse“ klingelte das Telefon von Bernhard – Kundenanfragen nimmt er persönlich entgegen. Werbung macht Ready2order keine, dennoch ist das Interesse selbst in Deutschland groß. „Die Leute finden einfach unsere App im App-Store und rufen an“, sagt Bernhard. Mittlerweile haben auch andere Anbieter das Geschäft gewittert und springen auf.

Auch traditionelle Kassenanbieter haben die Zeichen der Zeit erkannt. Die Wiener Firma Otas hat vor wenigen Monaten 123bon gegründet – ebenfalls ein internetbasiertes System, das für Windows-PCs optimiert ist, die auf Wunsch auch gleich bei 123bon bezogen werden können. Im Unterschied zu Ready2order können Rechnungen jedoch nur vom Windows-PC direkt über einen USB-Drucker gedruckt werden. Will man über die App von einem Tablet oder Smartphone aus drucken, braucht man ein Zwischengerät – einen Mini-PC. „Da sind wir gerade bei mobilen Dienstleistern im Vorteil“, meint Bernhard.

Die Kassensystemfirma Etron hat gemeinsam mit Herold ein webbasiertes System entwickelt, das über den Browser auf PC, Tablet und Smartphone gleichermaßen läuft – die Installation einer App ist also überflüssig. Bernhard ist überzeugt, dass jene Firmen, die erst jetzt auf den Zug aufspringen, in der kurzen Zeit kaum ausgereifte Lösungen anbieten können: „Wir arbeiten seit zwei Jahren an unserem System und müssen noch immer ständig etwas verbessern. Ein Kassensystem kann man nicht in wenigen Wochen programmieren“, so der Firmengründer. Wie es sich für ein junges Start-up gehört, bietet das System von Ready2order auch einige coole Funktionen.


Selbst ist der Gast. In der Gastronomie können zum Beispiel Gäste in den digitalen Bestellprozess direkt eingebunden werden. Das funktioniert so: Der Gast scannt mit seinem Smartphone einen Code, der am Tisch angebracht ist, und kann dann seine Bestellung direkt an den Drucker beim Schankbereich schicken. „Das soll natürlich nicht den Kellner ersetzen“, nimmt Bernhard eine naheliegende Frage vorweg. „Die Idee war es, Kellner zu Spitzenzeiten zu entlasten und bei großen Tischen Nachbestellungen einfacher abzuwickeln.“ Das System ist bereits in einigen Lokalen testweise im Einsatz. In einer Cocktailbar sei die App sogar so gut angekommen, dass der Barkeeper fast nicht mehr mit dem Mixen nachgekommen ist: „Die Gäste fanden die App so witzig, dass sie nicht mehr aufhörten, Cocktails zu bestellen.“

Registrierkassen

Gesetzesänderung
Ab 2016 ist jedes Unternehmen mit einem Jahresumsatz über 15.000 Euro und einem Barumsatz ab 7500 Euro verpflichtet, eine Registrierkassa zu verwenden. Ab 2017 steht eine erste Verschärfung an: Dann müssen die Geräte eine digitale Signatur erstellen können.

Ready2order
Das Unternehmen ist bereits seit eineinhalb Jahren im Regelbetrieb. Obwohl es keine Werbung macht, bekommt es derzeit ständig Anfragen von Interessierten, die über den App-Store von der Onlinelösung der Registrierkassenpflicht erfahren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.11.2015)

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