ARM: Milliardendeal trotz Brexit

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BRITAIN-JAPAN-TAKEOVER-BUSINESS-TELECOMMUNICATION-ARM-SOFTBANK(c) APA/AFP/NIKLAS HALLE´N
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Der japanische Telekomkonzern Softbank kauft den britischen Chiphersteller ARM für 29 Milliarden Euro. Die Zahl der Arbeitsplätze in Großbritannien soll nun steigen.

Tokio/London. Kaum vier Wochen nach dem Referendum der Briten über den Austritt aus der EU bahnt sich auf der Insel eine der größten Übernahmen in der europäischen Hightechbranche an: Der japanische Telekomkonzern Softbank will den Chipentwickler ARM Holdings aus Cambridge für umgerechnet 29 Mrd. Euro kaufen. ARM empfahl seinen Aktionären, das Offert anzunehmen. Die Chips des Unternehmens werden für fast alle Smartphones verwendet.

Nach dem Brexit kündigten einige Unternehmen mit Sitz in Großbritannien an, ihre Zentralen auf das europäische Festland verlagern zu wollen. Der Wirtschaftsstandort käme unter die Räder, ein Verlust von Arbeitsplätzen ginge damit einher, lauteten die Befürchtungen. Doch nun will Softbank die Zahl der Stellen im Königreich in den kommenden fünf Jahren verdoppeln.

Die Regierung in London wertete die Übernahme als Vertrauensbeweis. „Nur drei Wochen nach dem Referendum zeigt sich, dass Großbritannien bei internationalen Investoren nichts von seiner Attraktivität eingebüßt hat“, sagte der neue Finanzminister, Philip Hammond. „Ich glaube ganz fest an Großbritannien“, sagte denn auch Softbank-Gründer Masayoshi Son. Für Softbank selbst ist es der größte Zukauf in der Konzerngeschichte. Je Anteilsschein sollen die ARM-Aktionäre 17 Pfund in bar erhalten, was einem Aufschlag von mehr als 40Prozent gegenüber dem Schlusskurs vom vergangenen Freitag entspricht.

Insidern zufolge soll Softbank erst nach dem Brexit offiziell an ARM herangetreten sein. Wegen des schwächeren Pfundes und des gestiegenen Aktienkurses sei der Zukauf heute sogar sieben Prozent teurer als noch vor einem Monat. Softbank verpflichtete sich, ARM als eigenständigen Konzernteil mit dem jetzigen Management zu erhalten. Der Firmensitz soll in Cambridge bleiben. Allerdings soll ARM von der Börse genommen werden.

Gründer sagt Rückzug ab

Der international aufgestellte Konzern hatte sich bereits in den vergangenen Wochen gegen das Brexit-Votum immun gezeigt. Die Aktie legte seit dem Referendum um fast 17 Prozent zu. Zugleich büßte das britische Pfund an Wert ein, womit Firmen auf der Insel für ausländische Investoren günstiger wurden. Für Softbank ist es das erste große Investment in der Halbleiterbranche, in der ARM einer der wichtigsten Akteure ist: Die Briten entwerfen Chiparchitekturen, auf die sie dann Lizenzen an Hersteller verkaufen - oder an Technologiegiganten wie Apple und Samsung, die auf dieser Basis eigene Prozessoren entwickeln. Allerdings ist das rasante Wachstum in der Smartphonebranche vorüber, sodass das Unternehmen neue Gebiete erschließen will. Heuer kaufte ARM den Bildverarbeitungsspezialisten Apical. Die Firma entwickelt etwa Software, mit der Computer Fotos analysieren können.

Auch Softbank orientiert sich derzeit um und will stärker auf Investments in Hightechunternehmen setzen. Dafür hat Firmengründer Son seinen geplanten Rückzug aus der Unternehmensspitze abgesagt. Ausschlaggebend für den Strategiewechsel sind nach seinen Worten Trends wie künstliche Intelligenz oder die zunehmende Vernetzung von Autos, Gebäuden oder Hausgeräten.

Softbank hatte in den vergangenen Monaten Anteile am chinesischen Onlinehändler Alibaba verkauft und damit mehr als 17 Mrd. Euro eingenommen. Experten gingen davon aus, dass Son mit dem Geld Schulden tilgt oder dem Aktienkurs auf die Sprünge hilft. Der Konzern hatte 2013 die Mehrheit am verlustreichen US-Mobilfunker Sprint für 22 Mrd. Dollar übernommen. Der Schuldenberg lastet noch heute auf den Japanern. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2016)

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