Apples Krieg gegen die Schnittstellen

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Apple weiß, wie man Innovationen massentauglich macht. Aber aktuell gibt Erzrivale Microsoft den Takt an. Wird Apple mit seinem neuen MacBook Pro eine Antwort finden?

Wien. Manche Bilder bleiben in Erinnerung. Wie jenes, das Apple im Jahr 2009 stolz in der Welt verbreitet hat. Es zeigt einen Saal mit circa hundert Studentinnen und Studenten der Missouri School of Journalism. Jeder Student hat einen Laptop. Und alle bis auf einen tragen das Logo mit dem angebissenen Apfel. Am 21. Oktober 1991, vor ziemlich genau 25 Jahren, hat Apple das erste Powerbook vorgestellt. Damals machten Laptops nur fünf Prozent des PC-Weltmarktes aus.

Logisch: Tragbare PCs waren meist zu groß und unpraktisch. Apple hat aber den Grundstein für einen Trend gelegt, der bis heute anhält – vor allem bei Apple: Computer werden immer kleiner. Und Jony Ive, Chefdesigner und geistiger Nachfolger von Steve Jobs, hat längst bewiesen: Er hat kein Problem damit, scheinbar essenzielle Features zu opfern, um das Ding noch ein bisschen leichter und dünner zu machen.

Diffuse Strategie bei Apple

Wenn Ive am 27. Oktober die längst überfällige Neuauflage der inzwischen Macbook Pro getauften Laptop-Reihe vorstellt, wird wieder etwas fehlen. Nachdem man sich bereits des CD-Laufwerks und des Netzwerksteckers entledigt hat, werden die neuen MacBook Pro wohl nur noch mit USB-C-Adaptern daherkommen. Alle bisherigen Schnittstellen werden wohl geopfert, selbst der legendäre magnetische Stecker für das Stromkabel dürfte durch USB-C ersetzt werden.

Für die Nutzer ist das praktisch und unpraktisch zugleich. Praktisch, weil USB-C alles kann, was die bisherigen Schnittstellen (USB 3.0, HDMI, DisplayPort, etc.) konnten. Unpraktisch, weil man sich einen Haufen neuer Kabel anschaffen muss – oder sogar Adapter. Ein weiteres Opfer des Apple-Minimalismus wird, Gerüchten zufolge, auf der Tastatur zu finden sein. Erstens ist zu erwarten, dass Apple seine neue, besonders flache Tastaturtechnologie vom kleinen MacBook ins große Pro importiert. Ein harter Schlag für Tipp-Puristen. Aber dieser ist noch härter: Wenn die Berichte stimmen, wird die oberste Reihe der Tastatur durch eine Touchscreen-Fläche ersetzt, deren Funktion sich dem jeweiligen Programm anpasst.

Aber warum ist das alles wichtig? Apple hat nur 7,2 Prozent Marktanteil in der PC-Branche. Und die Verkäufe gehen – wie überall – deutlich zurück. Die Popularität von Handys und Tablets nagt am Umsatz mit voll ausgestatteten Computern. Das neue MacBook Pro ist wichtig, weil die Strategie von Apple derzeit ein bisschen konfus ist. Die Kalifornier sind meist nicht die Ersten, die eine Technologie einsetzen. Aber sie sind oft die Ersten, die sie für den Massenmarkt attraktiv umsetzen. Siehe iPhone.

Aber eben dieses Image hat Schaden genommen. Denn was Apple mit dem ersten Powerbook gelungen ist, hat zuletzt Microsoft nachgemacht. Apple konnte vor 25 Jahren das Laptop-Genre etablieren. Microsoft hat mit dem Surface das 2-in-1-Genre geschaffen. Surface ist ein Tablet, wenn man ein Tablet braucht, und ein Laptop, wenn man einen Laptop braucht. Als Betriebssystem kommt eine vollwertige Version von Windows 10 zum Einsatz.

Heißt: Alle Windows-Programme laufen auf dem Surface. Damit ist Microsofts Tablet dem iPad in Sachen Funktionalität überlegen – denn Apples mobiles Betriebssystem iOS ist extrem eingeschränkt.

Wohin geht die Reise?

Längst hat jeder PC-Hersteller ein 2-in-1 im Programm. Apple selbst hat mit dem iPad Pro geantwortet. Das kann (wie das Surface) mit einem Stift und einer Tastatur aufwarten. Aber die Einschränkungen des Betriebssystems bleiben.

Mit MacOS hat Apple wiederum eine sehr beliebte Alternative zu Windows parat. Was aber fehlt, ist ein Plan, wie iOS und MacOS in Zukunft zusammenarbeiten könnten. Denn dahin geht der Trend, den Microsoft vorgibt: ein Betriebssystem für Handy, Tablet und PC.

Es gilt als extrem unwahrscheinlich, dass die neuen Laptops mit einem Touchscreen daherkommen. Aber vielleicht kann das neue MacBook Pro zeigen, wohin bei Apple die Reise geht. Das bloße Eliminieren von Schnittstellen allein wird nicht reichen, um die Erwartungen zu erfüllen.

IBM MAG APPLE

Ausgerechnet IBM, früher einmal größter Hersteller von Windows-PCs überhaupt, setzt seit zwei Jahren Apple- Computer ein. Mit einigem Erfolg. Denn IBM lässt seine Mitarbeiter selbst entscheiden, ob sie auf MacOS oder Windows arbeiten wollen. Rund 90.000 haben sich für den Mac entschieden. Wie der IBM-Manager Fletcher Previn kürzlich auf einer Konferenz sagte, spart sich der Konzern über vier Jahre 270 bis 540 Dollar pro Mac – weil die Apple-Geräte weniger Wartung brauchen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2016)

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