Welt der Technik: Bröckelnde Männerdomäne

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Die Welt der Technik, aus deren Umfeld die Piratenpartei kommt, wandelt sich. Dennoch sind Männer immer noch die "early adopter", die an vorderster Front stehen, sowohl als Macher als auch als Konsumenten.

Obwohl sie das so nicht stehen lassen will, ist die in Berlin erfolgreiche Piratenpartei vor allem eines: eine Männerdomäne. Frauen finden sich nur vereinzelt in den Rängen der Piraten. Die Bewegung teilt damit eine Eigenschaft mit ihren Wurzeln, der Technik- und Onlinewelt. Denn auch dort sind die Männer in der Überzahl, sowohl als Macher als auch als Konsumenten. Insbesondere wenn es um die Akzeptanz neuer Technologien und Entwicklungen geht, sind meist eher Männer die „early adopter“, die an vorderster Front stehen.

Dieser Eindruck entstand auch, als Ende Juli das neue Social Network Google+ startete. Wenige Wochen später kursierten bereits Witze über den geringen Frauenanteil auf der Plattform. Dabei ist die weibliche Fraktion auf etablierten Konkurrenten wie etwa dem unausweichlichen Facebook stärker involviert als ihre männlichen Gegenstücke. Auf einen Mann kommen dort 1,8 Frauen.


Von Männern für Männer. Dass der Eindruck nicht täuscht, bestätigt Daniela Renn, Klinische Psychologin und Leiterin des Berufsverbands der österreichischen Psychologen in Tirol. „Viele Dinge sind auf Männer ausgelegt, da sie von Männern entwickelt wurden“, sagt Renn. Daher würden gerade neue Produkte und Projekte vornehmlich Männer ansprechen. Das sei aber „nur eine von mehreren Möglichkeiten“.

Unabhängig von der Akzeptanz einer Technologie unterscheiden sich Männer und Frauen auch stark darin, wie sie diese nutzen. Männer würden eher mit den Gadgets spielen und für sich persönlich eine Befriedigung darin sehen, erklärt Renn. Frauen wieder würden das Internet, Facebook, Handys und andere Technologien eher als Werkzeug nutzen. Vorrangig gehe es dabei um sozialen Kontakt und Teilen von Information, argumentiert die Psychologin. Auch würden Frauen öfter mehrere Dinge gleichzeitig erledigen, während Männer sich lieber auf eine Aufgabe konzentrieren. Dies lasse sich evolutionspsychologisch erklären. Für Männer kann das „Spielen“ mit Technik oft auch ein Ausgleich und Mittel zum Abschalten sein. „Das ist aber nur eine allgemeine Richtung“, sagt Renn.


Orientierung vs. Facebook. Dass Männer und Frauen ein und dieselbe Technologie unterschiedlich nutzen, bestätigt auch eine aktuelle Studie des US-Marktforschungsinstituts Nielsen. Sie zeigt, welche Anwendungen Smartphone-Besitzer am liebsten nutzen. Nach Geschlechtern unterteilt, ist es bei Frauen die Anwendung für Facebook, während es bei Männern Google Maps ist. Nielsen sieht damit ein wenig das Stereotyp widerlegt, dass Männer nicht gern nach dem Weg fragen. Bei Frauen rangiert Google Maps auf Platz drei. Der Eindruck, dass Google+ noch von Männern beherrscht wird, wird in der Studie bestätigt. 15,8 Prozent der Männer nutzen es auf dem Smartphone im Vergleich zu 7,2 Prozent der Frauen. Einig sind sich beide Geschlechter bei der E-Mail-Nutzung. Mit mehr als 70 Prozent hat sie für beide einen hohen Wert.


Konvergenz. Auch wenn Männer und Frauen Technik unterschiedlich nutzen, sieht Renn eine Annäherung der Schemata. Gesellschaftlich gebe es eine Verschmelzung, was Aufgaben und Tätigkeitsbereiche betrifft. Wirklich gleich könnten Männer und Frauen in ihrer Herangehensweise der Techniknutzung aber nicht werden, ist Renn überzeugt. „Es sind eben doch verschiedene Geschlechter.“ Für gesellschaftspolitische Gleichstellung sieht sie aber noch dringenden Nachholbedarf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2011)

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