Apple vs. Samsung: Volle Breitseiten bei Schlussplädoyers

Samsung attorney Verhoeven delivers his opening statement in trial between Samsung and Apple in San Jose, California
Samsung attorney Verhoeven delivers his opening statement in trial between Samsung and Apple in San Jose, CaliforniaReuters
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Apple behauptet, Samsung hätte "rücksichtslos" das iPhone kopiert und will 2,5 Milliarden Dollar. Samsung findet das "lächerlich". Apple könne kein Rechteck mit einem Touchscreen patentieren.

Dass Apple und Samsung nicht mehr die besten Freunde sind, ist spätestens seit den Schlussplädoyers im größten Patentprozess der Technikwelt offensichtlich. Die Anwälte beider Seiten hielten regelrechte Brandreden, bevor die Richterin den Fall an die neun Geschworenen übergab. Diese mussten davor 109 Seiten an Anweisungen über sich ergehen lassen. Richterin Lucy Koh kommentierte dieses Prozedere mit: "Ich benötige alle bei Bewusstsein während [dieser Vorlesung] - mich eingeschlossen." Damit die Jury nicht einschlief, gab es mehrere kurze Pausen, "um das Blut wieder in Schwung zu bringen", wie Koh bemerkte.

Apples Schlussplädoyer

Apple-Anwalt Harold McElhinny ließ kein gutes Haar an Samsung. Die Geräte des Konkurrenten hätten sich seit dem iPhone schlagartig diesem angepasst. "Sie haben das erfolgreichste Produkt der Welt kopiert", sagte McElhinny. Als Beweis dafür führt er Samsungs eigene Dokumente an. Der koreanische Hersteller wollte laut dem Anwalt "aus dem Erfolg des iPhones Kapital schlagen", was schließlich zur Entwicklung des Galaxy S geführt hatte. Samsung habe mit "rücksichtsloser Missachtung" gehandelt und keinerlei Gesprächsversuche seitens Apple vor der Patentklage beachtet. Die Milliarden an Gebühren, die der iPhone-Hersteller nun von den Koreanern als Entschädigung haben will, seien gerechtfertigt, weil Samsung mit seinen "kopierten" Smartphones Milliarden an Umsatz gemacht hätte.

Samsungs Schlussplädoyer

In der Antwort auf Apples Breitseite reagierte Samsung-Anwalt Charles Verhoeven mit einem Vorwurf. Apple würde den Wettbewerb per Klage bekämpfen. "Ihre Entscheidung könnte, wenn sie in Apples Richtung geht, die Art und Weise ändern, wie Wettbewerb in diesem Land funktioniert", warnte Verhoeven die Geschworenen. Apples Design des iPhone sei nicht einzigartig. Das Aussehen von aktuellen Smartphones würde sich durch die technischen Notwendigkeiten ergeben. "Es ist eigentlich faszinierend. Apple glaubt, ihnen steht es zu, ein Monopol auf ein abgerundetes Rechteck mit einem Touchscreen zu haben", sagte Verhoeven. Er streitet auch ab, dass Kunden von Samsung-Geräten verwirrt worden seien. Konsumenten würden bei derart teuren Produkten vor dem Kauf lange Nachforschungen anstellen, lautet sein Gegenargument. Apples Milliarden-Forderungen seien "lächerlich".

Lücken in Apples Argumenten

Gegen Apples Anschuldigung, dass Samsung dem iPhone zu stark das Wasser abgegraben hätte, sprechen zwei Beweise aus Apples eigenem Fundus. Einerseits die iPhone-Verkaufszahlen, die um ein Vielfaches besser sind als das bis zu Beginn des Prozesses meistverkaufte Samsung-Smartphone, das Galaxy S2. Andererseits zeigte eine von Apple selbst in Auftrag gegebene Kundenanalyse, dass diese nicht aufgrund einer Verwechslung mit dem iPhone sich für Samsung-Geräte entschieden, sondern vielmehr aus Treue zu ihrem aktuellen Netzbetreiber.

Lücken in Samsungs Argumenten

Samsung wiederum wird ebenfalls durch eigene interne Dokumente in die Bredouille gezogen. Auf 132 Seiten haben die Entwickler des Konzerns minutiös das iPhone mit dem Galaxy S verglichen. Die Empfehlungen: Das eigene Produkt mehr dem Apple-Handy anzugleichen. Und Samsungs Mobilsparten-Chef JK Shin schrieb selbst in einem internen Memo, der Vergleich zwischen Samsung-Smartphones und dem iPhone sei "wie Himmel und Hölle". Die Koreaner konstatierten bei sich selbst eine "Design-Krise". Und Google selbst soll Samsung davor gewarnt haben, das Galaxy S zu sehr dem iPhone anzupassen. Samsung setzt auf seinen Smartphones Googles Android-Betriebssystem ein.

Geschworene überfordert?

Nun stehen die Geschworenen vor einer schier unüberwindbaren Aufgabe. Sie sollen mehr als 700 Fragen auf 22 Seiten beantworten. Apple wirft Samsung bei 21 Geräten Patentverletzungen vor. Welche Geräte in welchem Ausmaß Apples Designs und Technologien verletzen, bestimmt letztendlich die Höhe der Lizenzgebühren, die Apple von seinem Konkurrenten verlangen kann. Die Forderungen an Samsung reichen von 500 Millionen bis 2,5 Milliarden Dollar. Die Koreaner wiederum fordern von Apple ihrerseits Gebühren für Technologie-Patente.

Worum es wirklich geht

Sowohl Apple als auch Samsung haben genug Geld in der Kriegskasse, um jeglichen vor Gericht von der jeweiligen Gegenseite geforderten Betrag bezahlen zu können. Beiden geht es aber um eine langfristige Entwicklung. Und Apples wahrer Feind ist Google. Dessen Android-System ist dem iPhone-Hersteller seit Anbeginn ein Dorn im Auge, konnte sich aber inzwischen zur meist verbreiteten mobilen Softwareplattform mausern. In einer Präsentation, die Apple Samsung vorgelegt hatte, werden grundlegende Funktionen von Android angeprangert. Der Prozess wird daher nicht nur von den beteiligten Parteien, sondern auch von Google und allen anderen Herstellern von Android-Geräten genauestens beobachtet. Im Endeffekt könnte dieses Verfahren entscheiden, wie sich der US-Smartphone-Markt in Zukunft entwickeln wird.

(db)

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