iPad-Verkaufsstart: "Ich warte schon seit vier Tagen"

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iPadVerkaufsstart warte schon seit(c) AP (Paul Beaty)
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Zum Verkaufsstart des iPad in den USA bildeten sich nicht nur in New York lange Schlangen. Viele Leute verlegten ihr Wohnzimmer für mehrere Tage auf die Straße. Die Kritiken fielen unterschiedlich aus.

Greg Packer ist müde. Seine Augen sind von dunklen Ringen unterlaufen. Ab und zu bricht dem Mann mit dem Schnurrbart die Stimme. „Ich bin so erschöpft, dass ich nicht mehr ordentlich sprechen kann“, erklärt der 46-Jährige. „Ich warte hier seit vier Tagen, um ein iPad zu bekommen. Meine Freunde sind sicher stolz auf mich.“

Der pensionierte Bauarbeiter ist der Erste in einer langen Schlange, die sich vor dem Apple-Geschäft an der Fifth Avenue in New York gebildet hat. Rund 600 Leute warten ungeduldig auf die Öffnung des Ladens. Normalerweise ist das New Yorker Flaggschiff des Technologiekonzerns rund um die Uhr geöffnet. Nur am heutigen Samstag hat man von Mitternacht bis neun Uhr früh zugesperrt. „Wir bereiten uns auf die Ankunft des iPad vor“, ist auf der Homepage zu lesen.

Neben Packer steht eine schwarze Sporttasche am Boden. „Darin habe ich Leibchen und Toilettenartikel, damit ich nicht stinke“, sagt der gebürtige New Yorker. Seit Dienstagfrüh harrt Packer auf den kalten Betonplatten vor dem Geschäft aus. „Vor allem der erste Tag war hart, da hat es stark geregnet.“

Lediglich um auf die Toilette zu gehen, verließ der Technologiefan seine Position. „Aber da habe ich sichergestellt, dass mir jemand meinen Platz reserviert. Und seit zwölf Stunden war ich gar nicht mehr weg. Das wäre mir zu riskant.“ Sein neues iPad wird Packer vor allem verwenden, um „mir Bilder anzusehen“. Er gibt aber zu, dass es ihm auch um das Prestige geht, die technologische Innovation vor allen anderen zu haben. „Ich war schon beim Verkaufsstart des iPhone der Erste in der Schlange.“ Auch damals campte er vier Tage lang. Deshalb ist Packer eine bekannte Persönlichkeit. Große US-Medienstationen führten am Samstag Interviews mit ihm.

Großes Geheimnis. Dem Konzern aus Kaliforniens Silicon Valley kommen Fans wie Packer sehr gelegen. Seit Wochen versucht Apple, ein großes Geheimnis aus seiner neuesten Innovation zu machen. Nur wenige Journalisten durften das Gerät unter größten Sicherheitsvorkehrungen testen. So wenige Details wie möglich sollten an die Öffentlichkeit dringen. Das ist ein Teil der Strategie, um das Interesse potenzieller Käufer zu wecken.

Funktioniert hat das nicht nur bei Packer, sondern auch bei der 15-jährigen Nessrine Paharsingh. Sie wartet seit Donnerstagfrüh und ist in der langen Schlange ebenfalls weit vorne zu finden. Außer einem Klappstuhl hat der Teenager eine dicke Jacke mit Kapuze mitgebracht, um in der Nacht nicht zu frieren. „Ich gehe noch in die Schule, jetzt haben wir Ferien. Meine Kollegen werden Augen machen, wenn ich mit einem iPad zurückkomme.“

Geteilte Kritiken. Der Verkaufsstart des neuesten Produktes von Apple wird in den US-Medien seit Tagen ausführlich behandelt. Manche Kommentatoren machen sich über Leute wie Paharsingh oder Packer lustig. „Unglaublich“, sagte etwa Talkshowmoderator Jay Leno: „Wenn sie nur ein paar Tage warten würden, könnten sie das Ding ganz normal kaufen.“ Tatsächlich erlaubt Apple seinen US-Kunden bereits seit Wochen die Vorbestellung des iPad im Internet. Wer früh genug bestellt hat, konnte sich das Gerät Samstag im Geschäft abholen. Die anderen bekommen das iPad in den nächsten Wochen zugeschickt. Ob das Produkt die Hoffnungen erfüllen und ein Verkaufsschlager wird, ist ungewiss.

Die Kritiken fielen unterschiedlich aus. Gelobt wurde vor allem die einfache Handhabung sowie die lange Laufzeit des Akkus. Allerdings sei die Innovation nicht vollständig geeignet, um einen Laptop zu ersetzten. Apple selbst bewirbt das iPad als die „perfekte Mischung zwischen Handy und Computer“. Ein Termin für den Verkaufsstart in Österreich steht noch nicht fest.

„Mir ist diese Euphorie etwas unerklärlich“, sagt Jörg Dilthey. Der 40-jährige Deutsche bestreitet gerade einen einwöchigen USA-Urlaub. Soeben hat er sich am Ende der Schlange eingeordnet. Auch er hofft, ein iPad zu ergattern, würde sich dafür aber nicht die Nacht um die Ohren schlagen: „Das ist schon ein bisschen verrückt.“

Packer, der in wenigen Minuten einer der ersten New Yorker mit einem iPad sein wird, lässt diese Kritik kalt. „Sollen die Leute doch denken, was sie wollen“, sagt er, während er am Beginn der Schlange ungeduldig auf die Öffnung der Türen wartet: „Ich werde meinen Freunden schon bald mein eigenes iPad zeigen können. Aber vorher muss ich mich noch ausschlafen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2010)

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