"Hitman", "Dishonored", "Assassin's Creed": Mord ist unser Hobby

"Hitman", "Dishonored" "Assassin's Creed": Mord ist unser Hobby(c) Io Interactive
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Derzeit ringen mehrere Spiele um die Gunst der Gamer, in denen man Attentäter spielt. Das klingt blutrünstig. Den meisten Spaß hat man allerdings, wenn man genau das nicht ist.

Alle Jahre wieder bricht eine Flut an neuen Spielen herein – pünktlich zur Weihnachtszeit, wenn das Geldbörserl besonders locker sitzt. Während die üblichen Verdächtigen, wie etwa die Ego-Shooter „Halo 4“ und „Call of Duty: Black Ops 2“ auf Schwarzenegger-artiges Geballere setzen, heben sich drei Titel angenehm vom Einheitsbrei der Actionspiele ab. Sie alle haben gemeinsam, dass ein Attentäter die Hauptrolle spielt – und doch unterscheiden sie sich in vielen Punkten grundlegend.


Konspiration. Am längsten auf dem Markt ist „Dishonored“. Die ungewöhnliche Geschichte rund um eine Fantasiestadt, in der alles mit dem wundersam energiereichen Öl von Walen betrieben wird, versetzt den Spieler in die Rolle von Corvo Attano, der die Hintermänner einer Verschwörung ausschalten muss, die ihm die Ermordung der Kaiserin anhängen wollen. Ausgestattet mit Superkräften, wie Teleportation oder das Besitzergreifen von Wachen, steht der Spieler vor der Wahl: Löst er die Mission im Stil der oben genannten Actionspiele mit roher Gewalt und wird somit dem Ruf eines Attentäters gerecht oder übt er Zurückhaltung, schaltet seine Ziele ohne jegliches Blutvergießen aus und wird dafür auch belohnt.

Diese und andere Wahlmöglichkeiten heben „Dishonored“ angenehm von vielen anderen Spielen ab. Hinzu kommt das ungewöhnliche Ambiente der Parallelwelt, das den Spieler in seinen Bann zieht.


Revolution. Mit deutlich historischerem Einschlag ist dagegen „Assassin's Creed III“ entwickelt worden. Trotz des Namens ist es das fünfte Spiel der Serie und spielt (nach der Zeit der Kreuzzüge und der Renaissance) während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges. Hauptfigur ist der Halbindianer Ratonhnhaké:ton, der der Einfachheit halber „Connor“ genannt wird. Trotz des Titels wird in „Assassin's Creed III“ kaum geschlichen und hinterrücks gemeuchelt. Connor ist mehr Jäger und Krieger, der auch mit zehn Gegnern auf einmal fertig wird. Allerdings steigert jeder Kampf den Bekanntheitsgrad des Protagonisten, was das Spiel zunehmend erschwert.

Was bei „Dishonored“ die Entscheidungsmöglichkeiten sind, ist bei diesem Titel der Bombast. Möglichst historisch akkurate Abbildungen von Boston und New York, Seeschlachten, riesige Naturgebiete und eine Geschichte, die mehrere Jahrzehnte umspannt, zeichnen das Spiel des Herstellers Ubisoft aus.


Präzision. Schwarzer Anzug, Glatze, tätowierter Strichcode am Hinterkopf. Kein Name, nur eine Nummer: 47. „The original assassin“, wie Entwickler Io Interactive seine Kultfigur anpreist, wirkt seinem Berufsstand passend düster und strahlt gleichzeitig eine Coolness aus, die nur selten ein virtueller Charakter erreicht. Nach sechs Jahren Pause ist 47 nun mit „Hitman: Absolution“ zurück und beweist, dass sich lange Wartezeiten lohnen können. Eines der Prinzipien von „Dishonored“ gilt auch hier: Wer Zurückhaltung übt, wird belohnt. Den Titel „Silent assassin“ erhalten nur Spieler, die unbemerkt bis zu ihrem Ziel vordringen und es so ausschalten, dass dessen Ableben wie ein Unfall wirkt.

Fans der Serie haben befürchtet, dass der „Hitman“ mit seiner Modernisierung auch actionlastiger werden könnte. Obwohl es die Möglichkeit gibt, sich durch die Wachen zu schießen, gibt es dafür rigorose Punkteabzüge. Viel mehr als der Abzugsfinger ist das Gehirn gefragt. Bewegungsmuster sind einzustudieren, die Umgebung muss analysiert, ein Plan ausgearbeitet werden – und kann bei jedem Durchspielen wieder neu erdacht werden. Dadurch bleibt „Hitman: Absolution“ auch langfristig unterhaltsam.

Alle drei Titel bieten mit ihren unterschiedlichen Ansätzen Spielspaß für lange, kalte Winterabende. Erfrischend ist in allen Fällen, dass die Spiele übermäßig aggressives Verhalten nicht nur nicht belohnen, sondern auch auf die eine oder andere Weise bestrafen. Denn auch wenn das Morden virtuelles Hobby mancher Spieler ist, schafft das Finden alternativer, unblutiger Lösungen mehr Befriedigung als stumpfsinniges Herumschießen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2012)


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