Videospiele: Super Mario scheitert am Handy

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JAPAN FINANCE NINTENDO(c) APA/EPA/KIYOSHI OTA (KIYOSHI OTA)
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Der japanische Videospielentwickler Nintendo macht seit Jahren Verluste. Das Management findet keine Antwort auf das Smartphone, das die Konsole als Spielgerät abgelöst hat.

Tokio. Wenn Super Mario auf unverhoffte Hindernisse stößt, kommt er ins Straucheln, besiegt ist er so schnell aber nicht: Das ist beim Autorennspiel Mario Kart so, wenn ihm ein Gegner eine Bananenschale auf den Asphalt gelegt hat, oder beim Jump-'n-run-Klassiker Super Mario World, wenn der niedliche Handwerker gegen einen der vielen Bösewichte hüpft. Immer gilt: Sobald Mario einen stärkenden Pilz findet, ist er wieder der Alte. Ist aber der menschliche Spieler, der die legendäre Videospielfigur steuert, nicht geschickt genug, heißt es für Mario schnell „Game over“.

Vor ähnlichen Problemen steht gerade Marios Hersteller. Nintendo, der größte Spieleentwickler der Welt, steckt schon lange in der Krise. Für das Jahr bis März 2014 wird ein Minus von 25 Mrd. Yen (179 Mio. Euro) erwartet, es wird dann das dritte Jahr in Folge mit Verlusten. Die jüngste Konsole Wii U verkauft sich so schlecht, dass in Kürze erneute und nun derart deutliche Preissenkungen für den Einzelhandel empfohlen werden sollen, dass pro verkauftem Stück kein Gewinn mehr herausspringen würde. Wiederholt hat man sich in der Branche schon gefragt, ob eine Pleite des legendären Herstellers nur noch eine Frage der Zeit ist.

Tolle Grafik nicht mehr wichtig

Zwar bieten Nintendos Wii U sowie die mobile Konsole 3DS anspruchsvolle, ausgereifte Spiele. Aber einerseits ist da die Konkurrenz von aufwendigen Entwicklungen für den PC und den mittlerweile weiter fortgeschrittenen, neueren Konsolen von Microsoft und Sony, die Ende des Jahres auf den Markt gekommen sind.

Und womöglich passt Nintendos Geschäftsmodell auch nicht mehr in die heutige Realität der Spieler. Häufig kostenlose Apps für Smartphones und Tablets boomen. Solche Spiele sind in der Regel zwar primitiver, grafisch weniger ausgereift und von kürzerer Dauer. Aber es scheint, als passten diese Eigenschaften auch besser zu den Spielern von heute: Immer häufiger wird unterwegs gezockt, in Situationen also, in denen sich viele nicht erst in eine komplexe Welt hineindenken möchten, eine tolle Grafik nicht mehr so wichtig ist.

Nun scheint ein Umdenken nötig. Es ist eine Aufgabe, die Nintendo so nicht gewohnt ist. Das Unternehmen aus der ehemaligen Kaiserstadt Kyoto, das in den 1960er-Jahren noch ein vergleichsweise kleines Licht war gegen Konkurrenten Tomy und Bandai, entdeckte in den 1970er-Jahren den Markt für Arcade-Spiele. In den 1980er-Jahren folgten Konsolen für den eigenen Haushalt, die Nintendo schnell dominierte. Über drei Jahrzehnte wurde ein Verkaufsschlager nach dem anderen produziert. Die Mutter von Super Mario gab eigentlich immer den Ton an.

Folgerichtig war Nintendos Management bisher auch davon überzeugt, dass der Erfolg der Firma nur über die eigenen Konsolen führen kann. Würden Nintendo-Spiele auf anderen Konsolen oder Plattformen erhältlich werden, so die Befürchtung, wäre nur noch ein Hauch der Spieltiefe möglich. Außerdem dürften die Verkäufe der eigens entwickelten Konsolen dann einbrechen.

Mehrere Investoren drängen dennoch zu gerade diesem Schritt. Immerhin wird nun offen darüber nachgedacht, einige Konsolenspiele auf Smartphones anzubieten.

Ein anderes Szenario hat Nintendo-Chef Satoru Iwata schon ausgeschlossen. Iwata betont, dass Nintendo weiterhin an Hard- und Software arbeiten wolle. Man will es also nicht so machen wie der Konkurrent Sega, der seit 2001 nach schlechten Verkäufen der Konsole Dreamcast nur noch Software herstellt. Ganze Nintendo-Spiele für andere Plattformen sollen auch nicht kommen. Was die Smartphone-Apps jenseits einer Werbefunktion für die Konsolenspiele bieten sollen und wie angesichts der langjährigen Verluste in diese investiert werden wird, ist noch offen. Zudem kündigte Präsident Iwata kürzlich einen ganz anderen Ausweg für sein Unternehmen an: Nintendo wolle in den Gesundheitssektor einsteigen. Konkret will er sich dazu im Verlaufe des Jahres äußern.

NINTENDO IN DER KRISE

Bilanz. Der japanische Spielekonzern Nintendo schließt bereits das dritte Geschäftsjahr in Folge mit Verlusten ab. Bis März soll sich im laufenden Jahr ein Minus von 179 Mio. Euro anhäufen.

Das Management sucht verzweifelt nach der rettenden Idee, scheint aber keine Antwort auf den Boom der Smartphone- und Tabletspiele zu haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2014)


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