Wenn der Hersteller etwas kann, dann ist es, bekannte Marken auszuquetschen. Auf der E3 2012 bestätigte sich dieser Eindruck. Ein neuer Bezahldienst soll für Umsatz sorgen. Eine Kritik.
Als Journalist, der des öfteren auch über Spiele berichtet, tut man sich mit Electronic Arts schwer. Seit Jahren ähnelt eine Pressekonferenz der anderen. Dieselben Spiele, nur mit neuer Versionsnummer, dieselben Personen (eventuell in anderen Positionen) und dasselbe schale Gefühl, eine Stunde seines Lebens vergeudet zu haben, sobald die Veranstaltung beendet ist. So auch in der Nacht auf Dienstag bei EAs Vorstellung seiner Spiele für die Electronic Entertainment Expo (E3), einem der jährlichen Highlights der Gaming-Branche.
Checkliste wird erfüllt
Man sitzt also um 22.00 Uhr vor dem Computer, der Livestream ist stabil und die Notizen-App ist vorbereitet (Evernote, wenn es jemanden interessiert). Nach ein paar Jahren in der Branche hat man schon seine Checkliste für EA vorbereitet: "FIFA", "Madden", "Need for Speed" sind Fixstarter, üblicherweise gibt es auch etwas zu den "Sims". Und der Hersteller enttäuschte (zumindest diese Erwartung) nicht. Natürlich wird "FIFA 13" das "beste FIFA aller Zeiten" (so wie das Vorjahresmodell), natürlich wird in "Madden 13" ein noch besseres Physikmodell eingesetzt und natürlich bietet "Need for Speed: Most Wanted" noch actionlastigere Verfolgungsjagden mit der Polizei.
Fortsetzungen seit 20 Jahren
Stolz weist EA während der Veranstaltung (die - wie inzwischen alle "Pressekonferenzen" auf Gaming-Messen - in Wahrheit mehr Spektakel für die Livestream-sehenden Spieler als für Journalisten gemacht ist) darauf hin, dass man auf eine 20-jährige Geschichte bei FIFA blicken kann. Nächstes Jahr wird der Hersteller das auch für "Need for Speed" behaupten können. Im Fußball ändern sich zumindest die Spieler und die Teams, bei dem Action-Racer greift EA inzwischen zum zweiten Mal auf ein schon einmal dagewesenes Konzept zurück. Nach "Hot Pursuit" ist nun "Most Wanted" dran. Während ersteres sich am dritten Teil der Serie aus dem Jahr 1998 orientiert, geht letzterer Teil nun nur bis 2005 zurück. Es ist bereits das 18te Spiel der Serie.
Bezahldienst für Actionfans
Mit den Actiongames "Battlefield 3", "Crysis 3" und "Dead Space 3" hat EA immerhin zwei Spiele vorgestellt, die keine zweistellige Versionsnummer zu bieten haben. Letzteres dürfte sich aber vom Survival Horror verabschieden und mehr in Richtung reinrassiger Action gehen. Zumindest, wenn man die auf der E3 gezeigten Sequenzen hernimmt. Für "Battlefield 3" hat EA einen kostenpflichtigen Premium-Dienst vorgestellt. Für 50 Dollar im Jahr werden Zusatzgegenstände für die Eitelkeiten der Spieler geboten. Und man erhält früher Zugriff auf Erweiterungspakete.
DLC bringt USD und EUR
"Battlefield 3 Premium" unterstreicht EAs Absicht, am Spieler nicht nur mit dem Kauf des Spiels zu verdienen. "Downloadable Content" (DLC) ist das Zauberwort, das in den letzten Jahren immer mehr an Fahrt aufnimmt. Spieler kaufen sich für echtes Geld neue Waffen und Ausrüstung für ihre Lieblingsspiele. Das gab es schon für "Dragon Age 2" und "Mass Effect 3". Bis zur nächsten Fortsetzung ist damit für konstanten Umsatz gesorgt.
Städtebau-Neuauflage
"The Sims" gab es diesmal überraschenderweise nicht zu sehen. Dafür wurde ein anderer "Sim"-Titel aus der Versenkung geholt. 23 Jahre ist es her, dass "Sim City" veröffentlicht wurde. Der Autor dieser Zeilen erinnert sich noch an die 5,25-Zoll-Disketten, mit denen er es installiert hat. Nun soll eine Neuauflage mit Online-Zusatzfunktionen wieder die Lust am Städtebasteln entfachen. Für kurzweilige Unterhaltung soll "Sim City Social" sorgen, das frappant an Zyngas "CityVille" erinnert - wobei dieses und vergleichbare Titel ohnehin am Ur-"Sim City" orientieren.
Innovation wo?
Mit großem Aufwand wurden all diese Titel präsentiert. Als spieleaffiner Mensch stellt man sich aber die Frage, ob es nicht einmal besser (und vielleicht auch lukrativer) wäre, nicht einfach nur altbekannte Marken zu melken, sondern vielleicht ein Jahr lang kein neues "FIFA" oder "Need for Speed" zu veröffentlichen, um Energien für etwas wirklich Innovatives zu sammeln. Denn "Innovation" wird in letzter Zeit geradezu inflationär für Dinge verwendet, die es in Wahrheit nicht sind.
So bleibt dem Beobachter nur, auf die nächste Veranstaltung zu hoffen. Und die Frage, ob EA irgendwann einmal die Versionsnummern ausgehen werden. Sofern aber immer neue Spieler die immer gleichen Konzepte für teures Geld abkaufen, wird das wohl nicht so schnell passieren. Vom 15. bis 19. August steht die Gamescom an. Und der nächste Reigen an Pressekonferenzen, in denen die Presse allgemein eine immer geringere Rolle spielt.
(db)