ITU: Westliche Demokratien verweigern Unterschrift

ITU: Westliche Demokratien verweigern Unterschrift
ITU: Westliche Demokratien verweigern UnterschriftAP
  • Drucken

Die kritisierten neuen Telekommunikations-Regeln wurden verabschiedet. Die USA und weitere Länder wollen sie aber nicht umsetzen. Sie fürchten ein Ende des freien Internets.

Die umstrittene WCIT-Konferenz der internationalen Fernmeldeunion ITU ist de facto gescheitert. Zwar wurden im Plenum neue Internationale Telekommunikations-Regeln (ITR) verabschiedet. Staaten wie die USA und Großbritannien, eventuell auch Deutschland werden aber die Unterschrift verweigern. Grund dafür ist, dass das Dokument ein "Zugangsrecht der Staaten zu den Telekommunikationsnetzen" enthält, wie Heise unter Bezug auf die Verhandlungen berichtet. Das Internet wird dabei nicht direkt erwähnt, für die Kritiker sind die neuen Regeln aber so formuliert, dass sie sich auf dieses ausdehnen ließen.

Zuletzt wurden die ITR im Jahr 1988 geändert. Seitdem hat sich die Kommunikation weltweit stark verändert, insbesondere durch das Aufkeimen des Internets. Die ITU-Mitglieder wollten daher ihre Regeln der Gegenwart entsprechend anpassen. Das hatte bereits im Vorfeld der WCIT für heftige Reaktionen gesorgt, da manche Vorschläge von Ländern wie Russland, China oder den arabischen Ländern Zensurmaßnahmen und "nationale Internet-Segmente" vorgesehen hätten.

USA wollen Kontrolle nicht abgeben

"Das Internet hat der Welt unvorstellbare wirtschaftliche und soziale Vorzüge während der vergangenen 24 Jahre gebracht", begründete US-Delegationsleiter Terry Kramer seine Ablehnung der Neu-Regulierung. Die USA sind auch Heimat der ICANN, der derzeit wichtigsten Verwaltungsstelle für IP-Adressen und Domain-Namen. Dementsprechend hatten die Vereinigten Staaten wenig Interesse daran, Kontrolle über wichtige Kernbereiche des Internets abzugeben.

Vorerst bleibt also alles beim Alten. Allerdings können Staaten, die mehr Kontrolle über das Internet ausüben, sich in Zukunft auf die ITR berufen, wenn diese nur noch per simpler Mehrheit auf einer ITU-Konferenz beschlossen werden. Schon jetzt blockieren China, der Iran und andere Staaten viele Inhalte, die sie für unangemessen halten. Durch internationale Regeln, die man aufgrund der von den USA beanstandeten Formulierungen auch auf das Internet ausdehnen könnte, erhalten diese Blockademaßnahmen sogar eine gewisse Legitimation.

(db)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kommentare

Netzgemeinde gegen Staatsgewalt

Die Reaktion der Mächtigen auf das freie Netz ist blanke Panik – beim Buchdruck war das ganz ähnlich.
ITU-Gipfel: Neuer Vorschlag birgt Fesseln für das freie Internet
Internet

ITU-Gipfel: Neuer Vorschlag birgt Fesseln für das freie Internet

Überraschend haben einige Staaten ein neues Papier eingebracht, das "nationale Internet-Segmente" vorsieht. EU und USA wehren sich dagegen.
ITU-Generalsekretär Hamadoun Toure
Internet

ITU billigt umstrittene Überwachung von Internet-Daten

"Deep Packet Inspection" soll Providern helfen, den Datenverkehr besser zu verwalten. Theoretisch ließen sich aber auch Filter umsetzen.
Russland will Recht staatliche
Internet

Russland will Recht auf staatliche Internet-Kontrolle

Schwellenstaaten wollen durch die UNO-Organisation ITU staatliche Kontrolle erreichen. Die EU und die USA stemmen sich dagegen.
ITU-Chef: "Geht nicht darum, Internet zu übernehmen"
Internet

ITU-Chef: "Geht nicht darum, das Internet zu übernehmen"

Der Generaldirektur der Internationalen Fernmeldeunion versucht Bedenken über Zensur und Machtspiele zu zerstreuen. Vielmehr soll es 4,5 Milliarden Menschen ermöglicht werden, ins Internet zu gelangen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.