Ungewollt veröffentlichte Fotos und falsche Todesanzeigen: Vor allem der fehlende Schutz der Privatsphäre vertreibt User aus dem sozialen Netzwerk, das mittlerweile eine Milliarde Mitglieder hat.
Nicht jeder will seinen Beziehungsstatus verkünden, die aktuellen Urlaubsfotos herumreichen oder sein Geburtsdatum verraten. Alles Gründe, um sich nicht bei Facebook zu registrieren. Kinder im Teenageralter hingegen sind einer dafür – unter anderem, weil man dann über den jeweiligen Beziehungsstatus und über die jüngste Fete via Facebook informiert wird. Doch während es gerade bei den Jüngeren ganz en vogue ist, alle Neuigkeiten über das soziale Netzwerk auszutauschen, nimmt auch die Zahl der Facebook-Verweigerer wieder zu.
Immer mehr Nutzer schließen ihren Account wieder, hat eine aktuelle Untersuchung der New York University ergeben. Manche verweigern, weil sie Angst vor Stalking haben. Andere, weil Facebook mittlerweile zu einem Massenphänomen geworden ist und neun Jahre nach seiner Gründung den Nimbus des Innovativen verloren hat – immerhin hat das soziale Netzwerk weltweit bereits eine Milliarde Mitglieder. In den meisten Fällen liege es aber daran, dass viele Nutzer ihre Privatsphäre auf Facebook nicht ausreichend geschützt sehen, so die Studie.
Schlechte Erfahrungen diesbezüglich musste vor wenigen Tagen auch Randi Zuckerberg, die Schwester von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, machen: Sie veröffentlichte auf ihrem Account ein Familienfoto, das eigentlich nur für enge Freunde bestimmt war – aufgrund der Datenschutzeinstellungen ihres Profils konnten aber auch die Freunde der Freunde das Foto sehen, und die teilten das Bild kurzerhand via Twitter mit anderen, woraufhin die Zuckerbergs im Internet landeten. Randi Zuckerberg – als ehemalige Marketingchefin des Online-Netzwerkes eine Kennerin des Netzwerkes – ermahnte die User daraufhin via Twitter und erinnerte daran, dass es auch eine „digitale Etikette“ gebe: „Frage immer erst um Erlaubnis, bevor du ein Foto eines Freundes öffentlich teilst! Hierbei geht es nicht nur um Privatsphäre-Einstellungen. Es geht um menschlichen Anstand.“
Nicht immer sind die Daten oder Bilder, die in Umlauf gebracht werden, vom Betroffenen selbst auf Facebook gestellt worden. Wobei die Veröffentlichung eines unvorteilhaften Bierbauchs nicht das größte Übel ist. Neuerdings amüsieren sich US-amerikanische Facebook-User, denen der von Zuckerberg geforderte Anstand fehlt, damit, andere im sozialen Netz für tot zu erklären.
Keine Kontrolle von Falschmeldungen
Facebook verlangt, bevor der Account eines Verstorbenen geschlossen und stattdessen ein „Gedenk-Profil“ (eine Art Parte) erstellt wird, eine Todesanzeige oder einen Zeitungsartikel als Beweis. Doch Todesanzeigen lassen sich offenbar leicht manipulieren – und Facebook kann oder will nicht alle Daten überprüfen. Laut dem Social-Media-Experten Jonny Jelinek (webfeuer.at) gibt es bei Facebook pro eine Million User nur einen Mitarbeiter, der sich mit der Prüfung von Informationen und Beschwerden (facebook.com/hacked) befasst. pte/apa/i.w.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2013)