Datenschutz: "Dann soll Facebook Geld verlangen"

Datenschutz Dann soll Facebook
Datenschutz Dann soll Facebook(c) Fritz Schumann
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Der Berichterstatter einer EU-weiten Datenschutzverordnung, Jan Philipp Albrecht (Grüne), fordert, dass die aktive Zustimmung zur Datenweitergabe Pflicht wird. Der „Presse“ erklärt er, warum.

Strassburg. Millionen Europäer geben täglich persönliche Daten bei sozialen Netzwerken wie Facebook an, buchen Flüge oder Bahntickets via Internet oder verwenden die Suchmaschine Google: Doch kaum einer weiß, welches Datenschutzrecht bei solchen Vorgängen zur Anwendung kommt. Das will die EU ändern und bringt eine Verordnung für ein europaweit einheitliches Gesetz auf den Weg. Nach der derzeit gültigen Richtlinie aus dem Jahr 1995 gestaltet praktisch jedes Mitgliedsland sein eigenes Datenschutzrecht. Große Unternehmen vor allem im digitalen Bereich können sich also aussuchen, nach welchem Recht sie agieren wollen; Daten österreichischer Verbrauchen werden daher in etwa 90 Prozent der Fälle nicht nach österreichischem Recht behandelt.

Die neue Verordnung soll unter anderem ein „Recht auf Vergessenwerden“ verankern, also auf vollständige Löschung eingegebener Daten. Der verantwortliche Berichterstatter im Europaparlament, Jan Philipp Albrecht (Grüne), möchte zudem strengere Regeln für die Weiterverarbeitung von Daten festlegen, weil ihm der Kommissionsvorschlag von Kommissarin Viviane Reding nicht weit genug geht. Er will durchsetzen, dass jeder Bürger der Weitergabe seiner Daten aktiv zustimmen muss und das nicht wie bisher oft automatisch geschieht. Der „Presse“ erklärt er, warum.

Die Presse: Wenn der Konsument jedesmal gefragt wird, ob seine Daten weiterverarbeitet werden dürfen, würde er wohl oft nicht zustimmen. Behindert das nicht das Wachstum im Internetzeitalter?

Jan Philipp Albrecht: Im Gegenteil: Das Vertrauen der Bürger, gefragt zu werden, ist eine Grundvoraussetzung für die weitere Inanspruchnahme von Onlinediensten. Niemand würde Online Banking verwenden, wenn nicht klar wäre, dass man die Kontrolle über die Daten behält.

Wenn ich einen Flug buche, kann ich das praktisch nur noch via Internet. Auch hier muss ich meine Kreditkartennummer angeben, ohne zu wissen, wie die Daten verarbeitet werden.

Deshalb wollen wir dafür sorgen, dass Datenschutzbestimmungen in Zukunft in einfacher Form dargestellt werden. Also in wieder erkennbaren Symbolen, die deutlich machen, wozu die Daten verarbeitet werden: Um eine Abrechnung durchzuführen oder aber um ein Profil des Kunden anzulegen, damit man ihm bessere Angebote machen kann. Der Verbraucher kann dann ganz einfach entscheiden, ob er einen Dienst in Anspruch nehmen will oder nicht.

Wenn ich ein Profil auf Facebook erstelle, werde ich ja auch nicht gefragt, wie meine Daten weiterverarbeitet werden dürfen. Plötzlich bekomme ich personalisierte Werbung zugeschickt.

Facebook hat sich in Irland angesiedelt, da dort die geltende Richtlinie der EU besonders schwach umgesetzt wurde. Mit der neuen Verordnung müsste auch Facebook sich an das europaweit geltende Recht halten. Wenn der Benützer der Weiterverarbeitung der Daten nicht zustimmt, muss Facebook das entweder akzeptieren oder sagen, dass der Dienst dann nicht mehr betrieben werden kann, und von seinen Kunden Entgelt für die Nutzung verlangen.

Wie wollen Sie sicherstellen, dass die neuen Regeln eingehalten werden?

Wenn ein Unternehmen sich nicht daran hält, wird es schwerwiegende Sanktionen geben, die sich nach dem europäischen Wettbewerbsrecht richten.

Wird es nicht schwierig sein, einen Kompromiss mit dem Rat zu finden? Einige Mitgliedstaaten dürften nichts dagegen haben, dass sich Unternehmen wegen der laschen Auslegung des Rechts gerade bei ihnen ansiedeln.

Die große Mehrheit der Mitgliedstaaten hat geäußert, dass sie eine stärkere Regulierung wollen, aber es ist klar, dass die Interessenvertreter großer Wirtschaftsverbände erheblich Einfluss nehmen werden. Doch am Ende ist es ja eine Win-win-Situation für Verbraucher und Unternehmen, weil wir durch ein einheitliches Recht einen unheimlichen Bürokratieabbau erleben.

Aber die Unternehmen können sich dann nicht mehr aussuchen, nach welchem Recht sie agieren wollen.

Es sollte doch kein Unternehmen ernsthaft sagen, dass es sein Geld mit Rechtsdumping verdient! Große Player wie Google agieren in Europa ohnehin fast wie Monopole, ohne dass Kleinere eine Chance hätten. Das wird die Datenschutzverordnung nun endlich ändern.

Wann kann das neue Gesetz realistischerweise in Kraft treten?

In etwa drei Jahren. Noch im ersten Halbjahr 2013 soll es eine Einigung mit dem Rat geben, das Parlament könnte die Verordnung dann Anfang 2014 verabschieden. Die praktische Umsetzung dauert dann noch einmal zwei Jahre.

Auf einen Blick

Eine europaweit einheitliche Datenschutzverordnung soll dafür sorgen, dass künftig in allen Mitgliedstaaten der EU dieselben Datenschutzbestimmungen gelten. Zudem soll – geht es nach dem Berichterstatter Jan Philipp Albrecht – die Weitergabe von Daten an die aktive Zustimmung des Bürgers gekoppelt sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2013)

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