Arbeitsrecht: Frust im Job? Finger weg von Twitter

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Arbeitsrecht/ Twitter(c) REUTERS (Regis Duvignau / Reuters)
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Wer in der Dienstzeit twittert, kann deshalb nicht gleich entlassen werden.
Wer jedoch Kompromittierendes über seinen Arbeitgeber verbreitet, schon.

Wien Die US-Börsenaufsicht SEC ließ kürzlich mit einer Entscheidung zur Social-Media-Nutzung aufhorchen: Unternehmen dürfen Netzwerke wie Facebook oder Twitter jetzt auch für kursrelevante Informationen an Investoren verwenden. Die Anleger müssen bloß über den Kommunikationsweg Bescheid wissen.
In Österreich ist das – vorerst – kaum denkbar. Aber auch in heimischen Unternehmen wird eifrig getwittert und gepostet. Mitarbeiter tun es im Interesse ihres Arbeitgebers oder ohne Wissen des Chefs. Vorgesetzte und Personalisten informieren sich in Social Media über Mitarbeiter und Bewerber. Dabei spielt sich das meiste – mangels gesetzlicher oder vertraglicher Regeln – in einer rechtlichen Grauzone ab. Was müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beachten? „Die Presse“ gibt Antwort.

1. Dürfen Arbeitgeber privates Twittern am Arbeitsplatz verbieten?


Ja. Und anders als beim Telefonieren gibt es von einem solchen Verbot kaum Ausnahmen: Während man laut OGH-Judikatur dringende Telefonate trotzdem führen darf – etwa einen Arzttermin ausmachen – lässt sich derzeit noch schwerlich ein Grund finden, warum Facebook nicht bis nach Dienstschluss warten kann. „Auch wenn es diesbezüglich einen Kulturwandel gibt, kann der Mitarbeiter nicht argumentieren, dass man ihm den Zugang zu den Netzwerken nicht verwehren darf“, so Stephan Nitzl, Arbeitsrechtsexperte bei DLA Piper Weiss-Tessbach. Judikatur dazu gibt es noch nicht.

2.Was gilt, wenn es im Unternehmen keine Regeln dazu gibt?


Wenn es kein ausdrückliches Verbot gibt, ist eine Privatnutzung des Internet in geringem Ausmaß erlaubt. Demnach darf man etwa in den Pausen via Dienst-PC twittern, wohl auch während eines betrieblichen Leerlaufs schnell einmal das Postfach checken. Facebook im Hintergrund ständig offen zu haben, ist aber keine gute Idee: „Arbeitszeit dafür zu verbrauchen, kann eine Pflichtverletzung sein“, sagt Nitzl. Arbeitsrechtsspezialist Remo Sacherer von der Kanzlei Mosati empfiehlt Arbeitgebern, dieses Thema zu regeln. Man kann etwa festlegen, dass private Internetnutzung nur in Randzeiten oder in den Pausen erlaubt ist.

3. Kann man entlassen werden, wenn man bestehende Regeln verletzt?


Normalerweise nicht sofort, aber bei einer „beharrlichen Pflichtverletzung“ trotz Abmahnung schon. Oder in Extremfällen, in denen unmittelbar ein Schaden entsteht – etwa, wenn sich eine Sicherheitskraft intensiv dem Facebook-Account widmet und übersieht, dass Unbefugte ins Gebäude spazieren.

4Können gepostete Inhalte ein Entlassungsgrund sein?

Ja. Typisches Beispiel: „Krank feiern“ und Partyfotos hochladen. Oder man schreibt sich seinen Frust über Arbeitgeber, Kollegen oder Vorgesetzte von der Seele. „Was offline nicht erlaubt ist – etwa Beleidigungen oder Rufschädigung – ist in Social Media auch nicht gestattet“, sagt Sacherer. Er warnt auch vor zu großem Mitteilungsbedürfnis: Wer aus einer Projektbesprechung kommt und seinen Freunden gleich gewohnheitsmäßig Details postet, kommt mit Geheimhaltungspflichten in Konflikt.

5. Dürfen Arbeitgeber überwachen, was Mitarbeiter privat posten?


„Sich als falscher ,Freund‘ hineinzuschummeln geht zu weit“, sagt Sacherer. Prophylaktisch im rein Privaten zu schnüffeln, sei sittenwidrig. Faktum ist aber: „Die Kontrollintensität nimmt zu.“ Es gibt sogar schon Agenturen, die Social Media professionell auswerten. „Man sollt eben keine Freundschaftsanfragen von Leuten annehmen, die man nicht kennt“, rät Nitzl. Und sich überhaupt gut überlegen, was man ins Netz stellt, weil man nie weiß, bei wem die Information letztlich landet. Es können auch „Freunde von Freunden“ sein, die dem Chef ein kompromittierendes Posting zuspielen.

6. Mitarbeiter als Markenbotschafter: Was ist zu beachten?

Immer mehr Arbeitgeber wollen, dass Mitarbeiter in sozialen Netzwerken mit Kunden Kontakt halten und Botschaften des Unternehmens verbreiten. Zwingen könne man dazu aber niemanden, sagt Sacherer. Jedenfalls muss man das nicht über seinen privaten Account tun oder sich eigens dafür einen nehmen. Auch eine Pflicht, sich in der Freizeit ständig um die beruflichen Kontakte zu kümmern, ginge zu weit: „Wenn jemand das im Urlaub nicht tut, würde wohl kein Gericht das als Dienstpflichtverletzung sehen.“ Im Urlaub hat man nämlich – abgesehen von der Verschwiegenheit – keine Dienstpflichten. Stichwort Verschwiegenheit: Wenn Berufliches und Privates verschwimmt, muss man darauf besonders achten. Interna ausplaudern dürfen auch Markenbotschafter nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2012)

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