Twitter: Zweifel an Massentauglichkeit

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Das Jahresergebnis des Kurznachrichtendienstes enttäuscht die Anleger. Dem Unternehmen fällt es immer schwerer, neue Nutzer anzuziehen. Die Aktie reagiert heftig.

Wien. Am 7.November konnten Anleger ihr Glück wohl nicht fassen. Gleich an ihrem ersten Handelstag verteuerten sich die Aktien des Kurznachrichtendienstes Twitter um 70 Prozent. Und alles sah nach einem perfekten Börsendebüt aus. Nur zwei Monate später ist Ernüchterung eingetreten. Die Papiere der Internetfirma stürzten am gestrigen Donnerstag zeitweise um 23 Prozent ab. Der Grund: Twitter legte als börsenotierte Firma erstmals seine Bilanzergebnisse vor. Und die waren alles andere als erfreulich.

Der US-Internetkonzern hat es in den fast acht Jahren seines Bestehens zwar geschafft, eine Gemeinde von weit über 200 Millionen Nutzern um sich zu scharen. Doch nun könnte die Decke auch schon wieder erreicht sein. Zuletzt ist es für Twitter immer schwieriger geworden, neue Mitglieder für sich zu begeistern. Zwar gab die Firma in ihrem Schlussquartal viel Geld für Werbung aus, die Anzahl der monatlich aktiven Nutzer konnte man damit aber kaum steigern. Gegenüber dem Vorquartal betrug das Wachstum lediglich vier Prozent. Es war damit so gering wie noch nie seit Veröffentlichung dieser Zahlen. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass sich Twitter über Zuwachsraten von 60 Prozent freuen konnte.

Unter Experten wirft das die Frage auf, ob das Unternehmen je in die Liga von Facebook aufsteigen kann. Das soziale Netzwerk kann sich immerhin mit mehr als 1,2 Milliarden Mitgliedern rühmen. Abgesehen davon dürfte es Mark Zuckerberg im Vorjahr gelungen sein, ein passables Geschäftsmodell auf die Beine zu stellen.

Die „Formel“ fehlt

Bei Twitter ist die Lage da schon etwas weniger klar, wenngleich das Unternehmen seinen Umsatz im vierten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum mehr als verdoppeln konnte. Doch das reicht nicht aus, um in die schwarzen Zahlen zu kommen. Das Unternehmen ist seit seiner Gründung im Juli 2006 defizitär. Ein Umstand, der Twitter noch eine Zeit lang begleiten könnte.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2013 fiel immerhin ein Fehlbetrag von 645 Mio. Dollar an. Noch im Vorjahreszeitraum war das Minus bei knapp 80 Mio. Dollar gelegen. Zu Buche schlagen vor allem Kosten für den Börsengang – wie Investitionen in Vertrieb, Entwicklung und Marketing.

„Twitter muss eine Antwort auf die Frage finden, ob es ein Produkt für den Massenmarkt sein kann oder ob es eher dazu bestimmt ist, eine Nische für News-Junkies zu werden“, sagt Analyst Robert Peck von SunTrust Robinson Humphrey. Hinzu kommt, dass die Nutzer die Seite mit dem blauen Vögelchen nicht mehr so häufig besuchen wie früher. Der aktuelle Nachrichtenfluss wurde zuletzt 148Milliarden Mal abgefragt. Das entspricht einem Rückgang gegenüber dem Quartal zuvor, aber einer Steigerung von 26 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Firmenchef Dick Costolo hat bereits ankündigt, sowohl die Zahl der Nutzer als auch deren Aktivitäten steigern zu wollen. Die Seite soll künftig einfacher genutzt werden können. Wie genau die Pläne dafür aussehen, ließ der Konzernchef offen. „Was ich nicht sehe, ist irgendeine Formel, die sagt, dass Twitter gigantische Produkte oder Umsätze hat, die man bei Unternehmen wie Facebook oder Google sieht“, sagt Analyst Brian Blau von Gartner.

Twitters Neuemission war 2013 die größte in der Technologiebranche seit jener von Facebook im Mai 2012. Der Börsewert des 140-Zeichen-Dienstes liegt derzeit bei 29Mrd. Dollar. Trotz des Kurssturzes ist der Aktienkurs noch immer beachtlich. Das Papier ist doppelt so viel wert wie an seinem ersten Handelstag. (ag./nst)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2014)

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