Bitcoin: Virtuelles Geld im rechtsfreien Raum?

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Rechtlich gesehen ist Bitcoin kein Geld, sondern eine Ware mit Tauschwert. Ob eine Bitcoin-Warenbörse dem Börsegesetz unterliegt, ist offen. Klar ist: Der Austausch von Leistungen gegen Bitcoin ist einkommensteuerpflichtig.

Wien. Das elektronische Zahlungsmittel Bitcoin erlebt Höhenflüge und Abstürze: Der Wert der im Umlauf befindlichen Bitcoins betrug zeitweise mehr als zehn Mrd. US-Dollar, doch der Insolvenzantrag der Tokioter Bitcoin-Börse Mt. Gox vorige Woche ist einer der größten Rückschläge. Überhaupt sind neben den wirtschaftlichen auch die rechtlichen Risken mannigfaltig.

Bitcoin ist „virtuelles Geld“, das nicht durch eine zentrale Autorität emittiert, sondern durch die Abwicklung von rechenintensiven Bitcoin-Zahlungsvorgängen durch jeden Nutzer selbst erzeugt wird. Der Wert von Bitcoins liegt zum einen darin, dass einige Unternehmen Bitcoins als Zahlungsmittel akzeptieren, z.B. der Blog-Hosting-Anbieter WordPress.com oder der File-Hosting-Provider Mega. Zum anderen sind sogenannte Bitcoin Exchanges bereit, Bitcoins gegen echte Währungen einzutauschen.

Der Bitcoin-Wechselkurs unterliegt daher erheblichen Schwankungen: Während am 22. Juli 2013 ein Bitcoin ca. 70 Euro wert war, stieg der Wert bis zum 4. Dezember 2013 auf 900 Euro und fiel innerhalb von zwei Wochen unter die Hälfte. Das Vertrauen wurde auch dadurch erschüttert, dass viele Bitcoin Exchanges abrupt vom Markt verschwanden, dies teilweise auch mit Bitcoins ihrer Investoren im Wert von mehreren Millionen Euro.

Nach dem E-Geldgesetz gilt ein elektronisch gespeicherter monetärer Wert nur dann als elektronisches Geld (E-Geld), wenn der monetäre Wert in einer Forderung gegenüber dem E-Geld-Emittenten besteht. Bitcoins werden allerdings von keiner zentralen Autorität emittiert, sondern von Nutzern selbst generiert. Das E-Geldgesetz ist daher unanwendbar, und Bitcoin Exchanges sind nicht als E-Geld-Emittenten reguliert. Konsequenterweise wird es sich bei Bitcoin auch um kein Geldmarktinstrument handeln, weshalb der von Bitcoin Exchanges durchgeführte Handel mit Bitcoins auch kein Bankgeschäft im Sinn des Bankwesengesetzes darstellt.

Keine Forderung verbrieft

Da Bitcoins keine Forderung verbriefen, sondern nur jenen Wert haben, den jemand anderer dafür zu bezahlen bereit ist, wird man Bitcoins nicht als Geld, sondern als Ware betrachten müssen, die abhängig von der aktuellen Bitcoin-Marktlage einen gewissen Tauschwert hat. Klassifiziert man Bitcoins aber grundsätzlich als Ware, wäre zu erwägen, ob Bitcoin Exchanges als Warenbörsen im Sinn des Börsegesetzes zu beurteilen sind. Diesfalls dürfte eine Bitcoin Exchange nur mit einer Konzession des Wirtschaftsministeriums betrieben werden, widrigenfalls eine Verwaltungsstrafe von bis zu 100.000 Euro droht. Ob Bitcoins allerdings trotz ihrer Unkörperlichkeit als „Ware“ im Sinn des Börsegesetzes betrachtet werden können, ist strittig.

Bei der Frage, wie Bitcoin-Transaktionen einkommensteuerrechtlich zu sehen sind, müssen grundsätzlich zwei Varianten unterschieden werden: einerseits die Entgegennahme von Bitcoins als Zahlungsmittel für eine Leistung und andererseits der Handel mit Bitcoins selbst. Bei der ersten Variante akzeptiert ein Marktteilnehmer Bitcoins als Zahlungsmittel für eine erbrachte Leistung. An der einkommensteuerrechtlichen Bewertung seiner Leistung ändert sich dadurch jedoch nichts. Da Bitcoins kein gesetzliches Zahlungsmittel sind, handelt es sich rein rechtlich um einen Tausch: die vom Marktteilnehmer erbrachte Leistung im Tausch gegen die Übereignung des Vermögensgegenstandes Bitcoin. Der vom Marktteilnehmer erwirtschaftete Gewinn ist nach wie vor nach den allgemeinen Regeln steuerpflichtig.

Auch der Handel mit Bitcoins kann einkommensteuerlich relevant sein: Bitcoins sind als sonstige Vermögensgegenstände einzuordnen, deren Handel aus einem Anschaffungs- und einem Veräußerungsvorgang besteht. Werden nun Bitcoins nach der Anschaffung innerhalb eines Jahres wieder veräußert, liegt ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft vor. Erfolgt die Veräußerung hingegen erst nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist, ist ein allfälliger Gewinn – oder auch Verlust – steuerlich grundsätzlich irrelevant. Wird der Handel mit Bitcoins allerdings gewerbsmäßig betrieben, liegt also eine selbstständige, nachhaltige Betätigung vor, die mit Gewinnabsicht unternommen wird, ist jeder Gewinn oder Verlust als Einkünfte aus Gewerbebetrieb unabhängig von einer Spekulationsfrist steuerpflichtig bzw. im Fall eines Verlustes abzugsfähig. Dies wurde so auch vom Deutschen Bundesministerium für Finanzen am 20. Juni 2013 in einer schriftlichen Anfragebeantwortung vertreten.

Umsatzsteuerfreier Handel

Die entgeltliche Übereignung von Bitcoins kann der Umsatzsteuer unterliegen, sofern nicht eine Ausnahmeregelung greift: Wären Bitcoins ein gesetzliches Zahlungsmittel, wäre der Bitcoin-Handel jedenfalls umsatzsteuerbefreit (§ 6 Abs 1 Z 8 lit b UStG). Es gibt jedoch keine gesetzliche Verpflichtung, Bitcoins als Zahlungsmittel anzunehmen, weshalb Bitcoin kein „gesetzliches Zahlungsmittel“ ist. Der Bitcoin-Handel könnte allerdings als Umsatz mit Geldforderungen umsatzsteuerbefreit sein (§ 6 Abs 1 Z 8 lit c UStG). Denn diese Befreiung umfasst grundsätzlich auch den Devisenhandel, dem die gleiche Grundstruktur zugrunde liegt.

Die bloße Verwendung von Bitcoins als Zahlungsmittel ist freilich ein umsatzsteuerlich unerheblicher Vorgang, da es sich hier nicht um eine Lieferung oder Leistung handelt. Die Bitcoins werden nur hingegeben, um die Leistung zu erlangen. Die Lieferung der Bitcoins hat jedoch keinen eigenständigen wirtschaftlichen Gehalt, sodass sie umsatzsteuerlich irrelevant ist.


Imke Gerdes, LL.M., TEP, ist Partnerin bei Baker & McKenzie, Dr. Lukas Feiler, SSCP, ist ebendort Rechtsanwaltsanwärter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2014)

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