Internet: Freiwillig Spuren hinterlassen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Große Marken lenken ihr Werbebudget online, dort kennen sie ihre Kunden persönlich. Informationen dazu hält das Web 2.0 bereit.

Wien. Lebst du in einer Beziehung? Bist du Mitglied in Clubs, Vereinen? Wie ist deine politische Einstellung? Das sind Fragen, die das deutsche Social-Netzwerk StudiVerzeichnis (StudiVz) seinen jugendlichen Mitgliedern stellt. Dort stellt man zum Beispiel Fotos online, gibt Kommentare ab. Und mit der Beantwortung des Fragebogens von StudiVz, Facebook oder anderen Plattformen macht man sich selbst zur Zielscheibe.

„Behavioural Targeting“ (Zielgruppenansprache nach Verhalten) ist das Versorgen von Usern mit individualisierter Werbung. Es existiert schon seit Jahren, doch erst die starke Nutzung des Web 2.0 gibt ihm Futter: Aus Netzwerk-Profilen, Suchanfragen und Weblogs werden Informationen über die Nutzer zusammengetragen. Die Einzelinformationen können dann zum Beispiel dank der IP-Adresse eines Rechners zugeordnet werden – im Fachjargon heißen diese neuen Kombinationen „Mashups“: Ein Windsurfer bekommt Angebote für Surf-Equipment – die Werber haben weniger Streuverluste. „Jeder Nutzer hinterlässt durch die technische Kennung eine Spur im Internet“, sagt die deutsche Datenschützerin Marit Hansen. Besonders die junge Generation, die leichtfertig Informationen preisgibt, müsse über Risiken und Gefahren aufgeklärt werden, appelliert sie.

Eine März-Studie des US-Marktforschungsinstituts comScore untersuchte das Potenzial 15 großer Konzerne zum Sammeln von User-Daten. Ergebnis: Yahoo belegt Platz eins, es folgen MySpace, der US-Onlinedienst AOL, Google. Immerhin: „Innerhalb der EU dürfen personenbezogene Daten nur unter bestimmten Voraussetzungen gesammelt werden“, so Hansen. Der Nutzer müsse dem zustimmen und so erhobene Daten auch einsehen dürfen.

Richard L. Brodsky, ein New Yorker Abgeordneter ist dabei, gegen die Verwendung persönlicher Daten ohne Zustimmung für Werbezwecke vorzugehen. Und hat für seinen Bundesstaat einen Gesetzesentwurf eingebracht, berichtet die „New York Times“. Außerdem, werfen andere Kritiker ein: Schießt sich die Wirtschaft nicht ins Knie, User mit Mailings und Inseraten aus immer nur den gleichen Themengebieten zu bombardieren?

Große Bedeutung für die Karriere

Virtuelle Netzwerke haben dabei auch eine andere professionelle Bedeutung, insbesondere in Branchen mit hoher Fluktuation und für Selbstständige oder Freelancer: um Jobs oder Geschäftsaufträge zu finden. „Soziale Netzwerke haben für die Karriere eine kaum zu überschätzende Bedeutung“, befindet Michael Meyer, Vorstand des Forschungsinstituts für Nonprofit-Organisationen der WU Wien im Gespräch mit der APA.

Meyer sagt aber auch: Für eine kleine Business-Elite könne es zum Unterscheidungsmerkmal werden, ganz auf eine Internetpräsenz zu verzichten: „Weder permanente Erreichbarkeit noch vollständige Transparenz sind auf Dauer wünschenswert.“ Auch für den privaten Menschen ist es das – in Hinblick auf Behavioral Targeting – wohl kaum.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2008)

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