ÖBB, ÖVP und Bank Austria zahlten für positive Internet-Forenbeiträge

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Eine Wiener PR-Agentur soll für österreichische Unternehmen ein sogenanntes "Online-Reputationsmanagement" betrieben haben.

Foren und auch soziale Netzwerke sind für viele Nutzer eine Anlaufstelle, um ihren Ärger zu Geschehnissen in der Politik oder mit Unternehmen loszuwerden. Oft dienen diese Plattformen aber auch dazu, um sich über Produkte oder Angebote objektiv von anderen Nutzern beraten zu lassen. Doch auch Unternehmen sowie Institutionen haben erkannt, dass diese Plattformen für die Bildung der öffentlichen Meinung relevant sind und versuchen, sie zu ihrem Vorteil zu nutzen. Um auch gegen sogenannte "Shitstorms" vorzugehen, bedienen sich die Unternehmen und Institutionen Personen, die in ihrem Sinne Beiträge im Internet veröffentlichen. Damit lässt sich mittlerweile auch Geld verdienen. Die inhaltlich klar definierten Aufträge werden dann von den bezahlten Nutzern in verschiedenen Netzwerken und Foren veröffentlicht.

"Online-Reputationsmanagement" hat dies die PR-Agentur Modern Mind Marketing aus Wien genannt. Das berichtet das Monatsmagazin Datum in seiner kommenden Ausgabe. Seit über zehn Jahren bietet das Unternehmen an, anonym positive PR-Postings für Unternehmen in Internet-Foren zu platzieren. Ziel ist es, die öffentliche Meinung in die gewünschte Richtung zu lenken.

ÖVP, ÖBB und Co. Kunden der PR-Agentur

Zu den prominenten Kunden der Agentur zählen beziehungsweise zählten neben der ÖVP Wien der Pharmariese Bayer Austria, die Österreichischen Lotterien, Bank Austria, auch die ÖBB und Postbus.

Dem Magazin zufolge liegen zehntausende Beiträge, Aussagen mehrerer ehemaliger Mitarbeiter, Konzepte und Berichte sowie auch Verträge vor.

So soll im Zuge der Studenten-Demonstrationen "unibrennt" die ÖVP Wien die Agentur beauftragt haben, positive Stimmung für den damaligen Vorsitzenden und Wissenschaftsminister Johannes Hahn zu produzieren. "Ich finde es toll, dass Hahn, obwohl er selber anscheinend nicht so protestieren würde, doch Verständnis für die Proteste und Besetzung hat", soll einer der bezahlten Beiträge gelautet haben.

ÖVP weist Vorwürfe von sich

Die Bank Austria und auch die ÖBB haben die Zusammenarbeit mit der PR Agentur und die dazugehörigen bezahlten Beiträgen bestätigt. Die Zusammenarbeit mit der Agentur hat die Bank aufgrund der Datum-Recherchen trotzdem "auf Eis gelegt". Die ÖVP hingegen bestreitet die Vorwürfe sowie auch die PR-Agentur selbst.

Seit Jahren wird versucht gegen derartige Beiträge vorzugehen. Entsprechende Software von verschiedenen Entwicklern gibt es bereits, aber dennoch lassen sich diese nicht immer zu 100 Prozent identifizieren. Die Postings lassen sich meist dadurch erkennen, dass sie auch andernorts in ähnlicher Form wieder auftauchen.

Verhalten unethisch und wettbewerbswidrig

Renate Skoff, stellvertretende Vorsitzende des heimischen PR-Ethikrates, verurteilt diese Geschäftspraxis und Medienanwalt Thomas Höhne bewertet das Vorgehen hingegen sogar als "wettbewerbswidrig".

(Datum/Red. )

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