Merkel macht sich für "Spezialdienste" im Internet stark

(c) APA/EPA/LUKAS SCHULZE (LUKAS SCHULZE)
  • Drucken

Ein Miteinander von Netzneutralität und Spezialdiensten sei laut Angela Merkel anzustreben. Eine Einigung in der EU sei aus ihrer Sicht möglich.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich für eine bevorzugte Behandlung bestimmter Angebote im Internet und damit gegen die Netzfreiheit ausgesprochen. Einige neue Dienste bräuchten eine gesicherte Übertragungsqualität, sagte Merkel am Donnerstag auf einer Veranstaltung.

"Innovationsfreundliches Internet heißt, dass es eine bestimmte Sicherheit für Spezialdienste gibt", sagte sie. "Die können sich nur entwickeln, wenn auch berechenbare Qualitätsstandards zur Verfügung stehen." Diese "Spezialdienste" sollten bevorzugt durchs Netz geleitet werden.

Spezialdienste versus Netzneutralität

Das würde eine Aufweichung des Prinzips der Netzneutralität bedeuten. Demzufolge werden alle Daten gleichrangig behandelt und keine Inhalte bevorzugt durchgeleitet. Telekom-Unternehmen fordern immer wieder eine Abkehr von diesem Prinzip. Aktivisten und Fachleute sehen dahinter Geschäftsinteressen der Anbieter, um den teuren Ausbau schneller Breitband-Internetverbindungen zu finanzieren.

Merkel begründete ihr Plädoyer für bevorzugte Datendienste mit neuen Anwendungen, die dann möglich seien. "Wenn Sie das fahrerlose Autofahren haben wollen, oder wenn Sie bestimmte telemedizinische Anwendungen haben, dann müssen sie natürlich eine fehlerfreie und immer gesicherte Übertragung haben", sagte sie. Gleichzeitig müsse der Ausbau schneller Verbindungen insgesamt vorankommen. "Wir brauchen uns über Netzneutralität nicht zu unterhalten, wenn die Kapazitäten nicht zur Verfügung stehen."

EU-Einigung laut Merkel in Sicht

Merkel fordert eine Symbiose der beiden Forderungen: Man brauche "das freie Internet und das für Spezialdienste". "Diese beiden Seiten muss man zusammenbringen und ich glaube, dass uns das in den Verhandlungen in Brüssel in kurzer Zeit gelingen kann." In der Europäischen Union in Brüssel wird seit einiger Zeit um die Netzneutralität gestritten. Das EU-Parlament fordert eine Gleichbehandlung aller Daten im Netz, die Mitgliedsstaaten ringen noch um eine gemeinsame Position.

Insgesamt sieht die Bundeskanzlerin die Digitalisierung als Jobmotor, um Jugendarbeitslosigkeit und sinkendes Wachstum in Europa zu bekämpfen. "Hier werden weit mehr Jobs entstehen als Jobs durch Digitalisierung in der klassischen Wirtschaft wegfallen", sagte Merkel. "Deshalb ist es so wichtig, dass wir die Chancen der Digitalisierung nutzen."

(APA/Dpa/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Netzwerkkabel vor Binaerem Code
Internet

EU: Keine Tempolimits im Internet

Das Europaparlament stimmt für das Ende der Roaminggebühren und gegen Einschränkung der Netzneutralität – ein Internet der zwei Geschwindigkeiten soll es nicht geben.
THEMENBILD: VORRATSDATENSPEICHERUNG
Europa

EU-Parlament stimmt für Netzneutralität und gegen Roaming

Internetnutzer sollen weiter gleichberechtigten Zugang zu allen Angeboten bekommen. Die Roaming-Gebühren sollen Ende 2015 fallen.
Internet

Netzneutralität: Großer Schaden für kleine Firmen

Gastkommentar. Morgen stimmt das EU-Parlament über eine teure Überholspur im Internet ab.
Internet

Leitlinien zur Netzneutralität sind "Versuch einer Klarstellung"

RTR-Chef Johannes Gungl ist überzeugt, dass erst die kommenden Jahre und einige EUGh-Verfahren zu einer "gemeinsamen europäischen Linie" führen werden.
Überholen verboten, heißt es auch im Internet
Internet

US-Behörde verhängt Überholverbot auf dem Datenhighway

Netzbetreiber wollten gegen Bezahlung schnelleren Datenverkehr anbieten. Dem schob der Telekom-Regulierer FCC nun einen Riegel vor.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.