Googles Zahlen lassen die Zweifler verstummen

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Die Suchmaschine begeistert die Anleger mit boomenden Anzeigenerlösen und einer „eisernen Lady“.

Wien/San Francisco. So euphorisch reagieren Börsianer selten auf ein Quartalsergebnis: Um steile 13 Prozent ist die Google-Aktie in die Höhe geschossen. Sicher: Die Zahlen waren noch besser als erwartet. Aber vor allem konnte der Konzern aus dem Silicon Valley die Zweifel an der Nachhaltigkeit seines Geschäftsmodells vorerst zerstreuen.

Skeptische Stimmen gab es genug. Der Internetgigant investiert in immer neue, zum Teil utopisch wirkende Projekte, die mit seiner Suchmaschine und dem Android-Betriebssystem nur noch wenig zu tun haben: das selbst fahrende Auto, Heißluftballons, die Internet in entlegene Gebiete bringen, oder eine mittlerweile auf Eis gelegte Datenbrille. All diese kühnen Anläufe verschlingen viel Geld.

Bei den Einnahmen aber ist Google weit weniger diversifiziert. Der finanzielle Erfolg steht und fällt mit Werbeanzeigen, die über 90 Prozent zum Umsatz beisteuern müssen. Bei diesem Kerngeschäft stößt man an Grenzen: Die Nutzer verbringen immer weniger Onlinezeit am Computer und immer mehr an Smartphones und Tablets. Bei den mobilen Geräten mit kleineren Bildschirmen ist der Platz für Werbebanner begrenzt.

Zudem sinken die Preise pro Anzeige – durch die steigende Zahl der Anbieter. Vor allem Facebook mischt immer stärker mit. Deshalb befürchten viele, die Finanzierungsquelle des Google-Wachstums könnte langsam versiegen. Noch ist es jedenfalls nicht so weit: Der Rückgang der Preise lässt sich durch höhere Klickzahlen bisher mehr als ausgleichen.

Keine Dividende in Sicht

Für finanzielle Disziplin soll Ruth Porat sorgen, die als „eiserne Ruth“ bekannte Finanzchefin. Als frühere Bankerin bei Morgan Stanley weiß sie, was Investoren gern hören. Sie hat die Ausgabendynamik erfolgreich eingebremst: Ende 2014 stiegen die Ausgaben noch um 22 Prozent, zuletzt nur noch um zehn. Im Verhältnis zum Umsatz sind sie leicht rückläufig. Das signalisiert: Google hat die Kosten im Griff, anders als Facebook, wo der Gewinn eingebrochen ist.

Bei einem anderen Thema hält Porat die Anleger hin: Nur vage stellt sie deren „Beteiligung“ in Aussicht. Wie auch Apple sitzt Google auf riesigen Geldreserven, die großteils in Steuerparadiesen geparkt sind und nicht ohne volle Versteuerung heimgeholt werden können. Die Folge: Die Anleger sehen kein Geld. Bei Apple haben sie erst nach jahrelangem Kampf eine Dividende und Aktienrückkäufe durchgesetzt. Bei Google stehen sie noch mit leeren Händen da.

Freilich: Solang die Zahlen so gut sind und die Kurse steigen, kann das die Laune kaum trüben. Der Umsatz stieg um elf Prozent (währungsbereinigt um 18 Prozent) auf 17,7 Mrd. Dollar, der Nettogewinn um 17 Prozent auf 3,9 Mrd. Nach dem Kurssprung ist Google mit über 400 Mrd. Dollar kapitalisiert – ein Rekordhoch. Nur Apple ist von allen US-Firmen an der Börse noch mehr wert. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2015)

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