Der Konzern ordnet sich neu und gründet mit "Alphabet" eine Dachgesellschaft. Larry Page wird dem Unternehmen vorstehen. Die Anleger freuen die Pläne: Die Aktie legte einen Kurssprung hin.
Google Inc. wird durch Alphabet Inc. ersetzt - mit dieser Mitteilung hat Google-Mitbegründer Larry Page am Montag die Unternehmenswelt überrascht. Der US-Internetriese erhalte eine neue Unternehmensstruktur, für die eine neue Dachgesellschaft namens Alphabet gegründet werde, teilte Page mit.
Ihr würden der Google-Forschungsbereich X Lab, die Investment-Abteilung Google Ventures, der Gesundheits- und Wissenschaftsbereich sowie die Suchmaschine Google unterstellt. Den Chefposten der Dachgesellschaft übernimmt Page. Bei der künftigen Tochterfirma Google übernimmt der bisherige Produktchef Sundar Pichai.
Pichais Position wird damit aufgewertet. Sein Aufstieg an die Google-Spitze schien schon lange nur ein Frage der Zeit. Erst bekam er vor knapp zweieinhalb Jahren die Verantwortung für das dominierende Smartphone-System Android übertragen und dann im vergangenen Herbst jene für fast das gesamte Online-Geschäft.
Die neue Unternehmensstruktur soll mehr Transparenz schaffen, die mit immer neuen Geschäftsideen bei Google abhandengekommen ist. Man wusste, dass die Online-Werbung vor allem im Umfeld der Suchanfragen alle Projekte finanziert. Doch wie viel Geld die einzelnen Unternehmungen verschlangen, blieb geheim - zum Unmut vieler Anleger. "Es wurde immer schwieriger, die Kosten einiger Projekte unter Verschluss zu halten", sagte ein früherer Manager dem "Wall Street Journal". Wenn künftig die Zahlen des Google-Kerngeschäfts getrennt vom Rest - wie dem Innovationslabor Google X, der Gesundheitssparte Calico oder der Heimvernetzungs-Tochter Nest - aufgeführt werden, sollte das die Geldströme ein Stück weit offenlegen.
Sauberer und verantwortlicher
"Unser Unternehmen läuft heute gut, aber wir denken, dass wir es klarer und verantwortlicher machen können", begründete Page die Umstrukturierung auf der Unternehmenswebsite. "Ich freue mich wirklich darauf, Alphabet als Chef zu leiten", fügte er hinzu. Google-Mitbegründer Sergey Brin wird als Präsident der neuen Dachgesellschaft fungieren. Chef der Suchmaschine Google wird der derzeitige Vize-Präsident Sundar Pichai.
Unter dem Dach von Alphabet können laut Page Geschäftsbereiche von Google, "die nicht wirklich zusammenhängen", besser unabhängig voneinander geführt werden. "Bei Alphabet geht es um Geschäfte, die durch starke Führer und Unabhängigkeit florieren", hieß es weiter.
Die Offenheit hat aber Grenzen. Zum einen sollen die Finanzen der Alphabet-Töchter außer Google weiter in einem großen Klumpen präsentiert werden. Auffällig ist auch, dass YouTube mit mehr als einer Milliarde Nutzer kein eigenständiger Teil von Alphabet wird, sondern der neuen Tochter Google beigemischt bleibt. "Ohne Zweifel, damit es nicht seine Umsätze enthüllen muss, die lange hinter den Analysten-Erwartungen zurückblieben", zeigte sich der gut vernetzte Branchendienst "The Information" überzeugt.
Verzweigte Geschäftsfelder
Google ist in der Vergangenheit um eine Reihe von Tochterunternehmen gewachsen wie etwa das Medizinunternehmen Calico. Der Konzern verfolgt mittlerweile so unterschiedliche Projekte wie den Drohnen-Lieferdienst Wing, selbstfahrende Autos oder intelligente Kontaktlinsen für Diabetiker. Zugleich betreibt Google das Videoportal YouTube und ist Anbieter des Smartphone-Betriebssystems Android.
Alle unterschiedlichen Unternehmensbereiche sollen nun eigene starke Chefs bekommen, denen Page und Brin nach Bedarf zur Seite stehen wollen. Die Suchmaschine Google wird eine hundertprozentige Tochter von Alphabet, zu der unter anderem Android, YouTube, die Kartendienste und Google-Apps gehören werden.
Aktien werden umgewandelt
Wann genau die Umstrukturierung vollzogen wird, wurde nicht mitgeteilt. In der Ankündigung hieß es lediglich, dass bis Ende des Jahres alle Google-Aktien automatisch in Alphabet-Aktien umgewandelt würden.
Mit der Umstrukturierung reagiert der Konzern offenbar auf Befürchtungen, der Internetriese Google könne seinen Zenit überschritten haben. Nach einem Allzeithoch Anfang 2014 verlor die Google-Aktie deutlich an Wert.
Kurssprung
Nach der Ankündigung der Umstrukturierung legte die Google-Aktie am Montagabend nach Börsenschluss im elektronischen Handel um mehr als fünf Prozent zu. Der Branchenexperte Bob O'Donnell, Chef der Beratungsfirma TECHnalysis Research, sagte, die Umstrukturierung bedeute, dass künftig jeder Unternehmensbereich auf sich gestellt sei und Ergebnisse liefern müsse.
(APA/AFP)