Etappenerfolg für Schrems gegen Facebook

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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EU-Generalanwalt hält irisches Höchstgericht für berechtigt, Datenschutz in den USA unabhängig von der EU-Kommission zu prüfen. Und ortet in den USA massive Datenschutzprobleme.

Max Schrems, der österreichische Begründer der Initiative "Europe vs Facebook", hat vor dem Gerichtshof der EU (EuGH) einen Etappenerfolg errungen. Schrems hat sich gegen die Übermittlung seiner persönlichen Daten durch Facebook in die USA in Irland, wo Facebook seinen europäischen Sitz hat, zur Wehr gesetzt. Generalanwalt Yves Bot hält in seinen heute veröffentlichten Schlussanträgen den irischen High Court für berechtigt, das Datenschutzniveau in den USA unabhängig von der Einschätzung der EU-Kommission zu prüfen. Bot hält auch nicht mit seiner eigenem Urteil darüber hinterm Berg: Die Eingriffe in den Schutz personenbezogener Daten in den USA seien unverhältnismäßig, insbesondere weil die von den amerikanischen Nachrichtendiensten ausgeübte Überwachung "massiv und nicht zielgerichtet" ist.

EU-Kommission: USA sind "sicherer Hafen"

Schrems hatte sich darauf berufen, dass die von Edward Snowden im Jahr 2013 enthüllten Aktivitäten der Nachrichtendienste, insbesondere der National Security Agency (NSA), keinen wirklichen Schutz dagegen bieten, dass der amerikanische Staat die in dieses Land übermittelten Daten überwacht. Die irische Datenschutzbehörde wies die Beschwerde des Österreichers aber mit der Begründung zurück, dass die EU-Kommission im Jahr 2000 offiziell deklariert habe, die USA würden einen ausreichenden Schutz personenbezogener Daten bieten und seien somit als "sicherer Hafen" anzusehen. Der irische High Court wollte daraufhin wissen, ob die irischen Behörden durch diese Entscheidung gebunden sind.

Bot will nationale Befugnisse wahren

Nach Ansicht des Generalanwalts, der mit seinen Schlussanträgen zur Rechtssache C-362/14 gleichsam einen Entscheidungsempfehlung abgeliefert hat, besteht keine solche Bindung. Die Befugnisse der nationalen Kontrollstellen nach der Richtlinie über die Verarbeitung personenbezogener Daten könne dadurch weder beseitigt noch auch nur verringert werden. Denn andernfalls wäre die Kommission berechtigt, die Befugnisse der weisungsfreien nationalen Behörden zu beschränken. Die Mitgliedstaaten müssten jedoch in der Lage bleiben, die Grundrechte zu schützen, wenn in einem Drittland, in das personenbezogene Daten übermittelt werden, systemische Mängel festgestellt werden.

"Massive, nicht zielgerichtet Eingriffe"

Bot geht aber noch einen Schritt weiter und zeichnet vor, wie die nationale Instanz zu entscheiden hätte: Er ist nämlich der Ansicht, dass der Zugang der amerikanischen Nachrichtendienste zu den übermittelten Daten einen
Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens und in
das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten bedeutet. Außerdem würden EU-Bürger in ihrem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf verletzt, indem sie keine
Möglichkeit haben, zur Frage des Abfangens und der Überwachung ihrer Daten in den Vereinigten Staaten gehört zu werden.

Die US-Praxis der Überwachung verstoße überdies gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sie "massiv und nicht zielgerichtet" sei. Die Entscheidung der EU-Kommission sei aus all diesen Gründen unwirksam, die Brüsseler Behörde hätte ihre Anwendung aussetzen müssen. Auch wenn sie derzeit mit den USA verhandle, um ein Ende der festgestellten Verstöße zu erreichen.

Facebook: "Halten Datenschutz ein"

In einer ersten Stellungnahme verteidigte sich Facebook gegen den Eindruck, das Unternehmen würde den Datenschutz missachten. "Facebook befolgt das EU-Datenschutzrecht." Konsequenzen will man vorerst keine ziehen. "Wie tausende andere Unternehmen, die Daten über den Atlantik übermitteln, warten wir das endgültige Urteil ab", hieß es bei Facebook.

Schlussanträge binden den EU-Gerichtshof nicht. Die Richter folgen ihnen aber in der Mehrzahl der Fälle trotzdem. Mit einer endgültigen Entscheidung ist erst in einigen Monaten zu rechnen.

Zu den Schlussanträgen im Wortlaut

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