Deutschland: Facebook im Visier des Kartellamts

Mark Zuckerberg unter Beobachtung: Das Bundeskartellamt startet ein Verfahren gegen Facebook.
Mark Zuckerberg unter Beobachtung: Das Bundeskartellamt startet ein Verfahren gegen Facebook.(c) Bloomberg (Pau Barrena)
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Das Bundeskartellamt prüft, ob das Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung missbraucht, um am Datenschutz vorbei an Daten seiner Nutzer zu gelangen.

Berlin. Nutzt Facebook seine marktbeherrschende Stellung aus, um an Daten seiner Nutzer zu gelangen, die womöglich dem Datenschutz unterliegen? Das ist die Frage, die in den kommenden Monaten das Bundeskartellamt in Bonn beschäftigen wird. Die unabhängige Wettbewerbsbehörde hat ein Verfahren gegen das Unternehmen eingebracht. Konkret geht es darum, ob das soziale Netzwerk gegen datenschutzrechtliche Vorschriften verstößt, und ob die Verwendung von rechtswidrigen Nutzungsbedingungen einen sogenannten Konditionenmissbrauch gegenüber den Nutzern darstellt. Anders gesagt, ob Facebook dadurch, dass man mangels Alternativen kaum an der Plattform vorbeikommt, seine User dazu bringt, Dingen zuzustimmen, die im normalen Wettbewerb nicht verlangt werden könnten, ohne zu riskieren, dass die Kunden zu anderen Anbietern wechseln würden.

„Es geht nicht darum, dass wir ein Bußgeld verhängen, sondern um ein Verwaltungsverfahren“, sagt Michael Detering, stellvertretender Sprecher des Bundeskartellamts zur „Presse“. Ein solches Verfahren hat das Ziel, ein unerwünschtes Verhalten zu ändern oder abzustellen. Dazu muss zunächst aber erst geklärt werden, ob Facebook tatsächlich marktbeherrschend ist. Eine solche Stellung wäre nicht verboten, doch darf sie nicht missbräuchlich ausgenutzt werden. „Um den Zugang zum sozialen Netzwerk zu erhalten, muss der Nutzer zunächst in diese Datenerhebung und -nutzung einwilligen, indem er sich mit den Nutzungsbedingungen einverstanden erklärt“, heißt es in einer Erklärung der Behörde. „Der Umfang der erteilten Einwilligung ist für die Nutzer nur schwer nachzuvollziehen.“ All das zu klären, wäre nach der Feststellung der Marktstellung der zweite Schritt im Verfahren.

Erfolg bei Verfahren gegen Amazon

Es ist nicht das erste Mal, dass das Bundeskartellamt ein Verfahren gegen ein großes amerikanisches Internetunternehmen startet. 2013 war man etwa gegen den Versandhändler Amazon vorgegangen, weil er Anbietern mittels einer Preisparitätsklausel untersagte, ihre Produkte auf anderen Plattformen billiger anzubieten. Eine Vorgabe, die nach Ansicht der Wettbewerbshüter nicht zu rechtfertigen sei. Tatsächlich nahm der Konzern daraufhin diese Regel zurück, das Verfahren wurde eingestellt. Auch gegen das Hotelportal HRS und die Plattform Booking.com hat man bereits Verfahren geführt, weil die Anbieter Hotels dazu gezwungen hat, jeweils auf ihrer Plattform den günstigsten Preis anzubieten. Eine Verurteilung von HRS wurde mittlerweile sogar vom Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigt.

Derzeit hat Facebook in Deutschland 28 Millionen aktive Nutzer, 21 Millionen davon sind sogar jeden Tag auf der Plattform. Ob das allein reicht, um von einer marktbeherrschenden Stellung zu sprechen, muss nun geklärt werden. Die Behörde wird Facebook um Stellungnahmen bitten – konkret die Facebook Inc., USA, die irische Tochter des Unternehmens und auch die deutsche Niederlassung in Hamburg. Am Ende soll eine rechtliche Würdigung stehen. Alles in allem ein Vorgang, der sich über mehrere Monate ziehen könnte.

Sollte es zu einer Verurteilung kommen, müsste Facebook die betreffenden Klauseln aus den Nutzungsbedingungen streichen. Kommt das Unternehmen dem nicht nach, könnte die Wettbewerbsbehörde Zwangsbußgelder verhängen. Doch momentan sieht es nach Kooperation aus: „Wir sind überzeugt, dass wir das Recht befolgen und werden aktiv mit dem Bundeskartellamt zusammenarbeiten, um dessen Fragen zu beantworten“, heißt es von Facebook.

Deutschland spielt für das soziale Netzwerk eine bedeutende Rolle. Erst vor wenigen Tagen ist Gründer Mark Zuckerberg extra nach Berlin gereist, um eine neue Niederlassung zu eröffnen. Vor allem bei der Überwachung und Entfernung von Hasspostings will das Unternehmen von hier aus nun mehr Engagement zeigen. In Deutschland hat es, unter anderem wegen fragwürdiger Beiträge zur Flüchtlingssituation, massive Beschwerden gegeben, dass Facebook nicht genug gegen solche Postings unternehme.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2016)

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