Chatbots, die Dialogautomaten

Die digitale Kommunikation ist im Wandel.
Die digitale Kommunikation ist im Wandel.Reuters
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Dialogprogramme, sogenannte Chatbots, werden als die Ablöse von Apps gehypt. Doch von vielen Seiten hagelt es Kritik. Die Funktionen sind noch rudimentär, aber vielversprechend.

Bots, überall Bots. Doch was diese kleinen Programme können sollen und wozu sie dienen, ist aufgrund der geringen Verbreitung und des noch zarten Alters dieser neuen Technologie ein großes Fragezeichen. In erster Linie geht es um Effizienz und Zeitersparnis. Die Zeiten der Telefonhotline, in denen man sich durch ein Ziffernlabyrinth tippen muss, sind längst vorbei. Man geht heutzutage online und sucht nach Kinovorstellungen, Restaurants, bucht Konzert- und Kinotickets und kauft Schuhe. Genau das Ende dieser Onlineshopping-Ära soll mit Chatbots eingeläutet werden.

Dialogprogramme sollen Messenger zu neuen Ökosystemen aufwerten. Statt über Google zu suchen, sollen künftig in einem Messenger-Dienst Bestellungen und Käufe abgewickelt werden. Chatbots sollen aber auch eingesetzt werden, um Nachrichten zu lesen oder Firmen-Support in Anspruch zu nehmen. Sie sind als universelle Dienstleistungsplattform gedacht. Die Entwicklung steckt aber noch in den Kinderschuhen.

Lange Vorgeschichte. Programme, die mit Menschen sprechen, sind alles andere als neu. Der erste Chatbot hieß Elisa und wurde vom Informatiker Joseph Weizenbaum 1966 entwickelt. Ziel war es, die vielfältigen Möglichkeiten der Kommunikation zwischen Mensch und Maschine aufzuzeigen.

Bereits vor 50 Jahren war der erste Chatbot in der Lage, rudimentäre Gespräche zu führen. Die Fähigkeiten sind mittlerweile um einiges ausgefeilter. Trotzdem ist die Nutzung in Österreich noch nicht sehr verbreitet. In den USA hingegen werden Pizzen und Blumen über den Messenger Assist geordert.

Die verfügbaren Chatbots sind derzeit meist nur auf einen einzigen Themenbereich ausgerichtet und nicht in der Lage, andere Anfragen zu beantworten. So kann Poncho, der Wetterbot im Facebook-Messenger, auch themenbezogene Fragen nur schwer verstehen. Der Funktionsumfang ist übersichtlich, aber der Unterhaltungswert ist dafür umso größer.

Doch keine Technologie hatte am Anfang ein großes Repertoire an Funktionen. Besonders wenn es um Sprache und Spracherkennung geht, wird es schwierig – vor allem, wenn Programme darauf ausgelegt sind, von den Nutzern zu lernen und deren Vorlieben zu erkennen.

Stolpersteine. Facebook gilt als Vorreiter der Bots. Bei der hauseigenen Entwicklerkonferenz konnte das Unternehmen aber auch nur eine überschaubare Anzahl an Bots vorstellen. Doch der Weg des Unternehmens ist klar: Facebook will zu einer zentralen Anlaufstelle als E-Commerce-Plattform werden, und die 1,4 Milliarden Nutzer sind eine gute Ausgangsbasis. Die Medienwelt ist diesbezüglich gespalten, positives Feedback findet man nur selten. Das liegt vor allem auch daran, dass Microsofts Versuch, den Twitter-Bot Tay zu etablieren und durch Nutzer lernen zu lassen, in einer digitalen Kernschmelze endete.

Binnen Stunden entwickelte sich Tay zu einem rassistischen, sexistischen Monster, das Drogenmissbrauch unterstützte und Fan von Hitler wurde. Microsoft schaltete den Bot ab. Spricht man aber mit Entwicklern, schätzen sie die großen Möglichkeiten, die Bots bieten: Sie könnten das Internet, wie man es jetzt kennt, verändern. Unternehmen könnten durch geringen Kostenaufwand einen eigenen Kommunikationskanal aufbauen. Man sollte den Bots eine Chance geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2016)

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