Kärnten liegt nah am Silicon Valley

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Symbolbild.(c) APA/AFP/ROBYN BECK
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Der Streaming-Spezialist Bitmovin aus Klagenfurt hat über zehn Millionen Dollar eingesammelt.

Wien. Wer an Internettechnologie denkt, der denkt ans Silicon Valley. Auch die Firma Bitmovin hat ein Büro in Palo Alto, wenige Autominuten entfernt von Giganten wie Google und Apple. Zu Hause aber ist der Spezialist für die Übertragung von Videos ins Internet in Klagenfurt. International sind nun auch seine Investoren: In einer neuen Finanzierungsrunde hat das 2013 gegründete Start-up soeben 10,3 Mio. Dollar an Land gezogen, vor allem vom großen Londoner Investmentfonds Atomico.

Welches Versprechen steckt dahinter? Die Qualität von Videos wird immer besser. Jedenfalls dann, wenn man sie auf dem Fernsehbildschirm ansieht. Nicht unbedingt aber aus dem Internet, vor allem nicht auf dem Land, wo die Verbindungen oft schlecht sind. Um ein Video im Netz streamen zu können, muss es zuerst aufbereitet werden: komprimiert oder, in der Fachsprache, transcodiert. Je besser die Software, desto kürzer die Wartezeit beim Laden und desto höher die Auflösung. Lästige Unterbrechungen zum Puffern fallen dann weg. Dafür bietet Bitmovin eine Software an, die für alle Geräte vom Computer bis zum Smartphone funktioniert (und zusätzlich einen Player).

Der Markt ist höchst dynamisch: Schon jetzt sind Videos für zwei Drittel des Datenverkehrs im Netz verantwortlich, bis 2020 sollen es laut einer Cisco-Studie schon 80 Prozent sein. Virtuelle Realität und 360-Grad-Videos versprechen zusätzliches Potenzial.

David gegen Goliath

Freilich: Die großen Videoanbieter wie YouTube oder Netflix nutzen für das Transcodieren ihre eigenen Technikabteilungen. „Sie sind Vorreiter, die Benchmark für unsere Kunden“, erklärt Stefan Lederer, Ko-Gründer und Vorstand. Seine Herausforderung: Er soll mit seinem Team von 30 Mitarbeitern gleich gut – oder in Details sogar besser – sein als Videoplattformen mit einem riesigen Entwicklungsbudget. Kreativität statt Kapital, David gegen Goliath.

Die Kunden sind kleinere Videoanbieter, vor allem aus den USA. Sie kaufen die Software zu, von Firmen wie Bitmovin. Wobei die Kärntner der unmittelbaren Konkurrenz weit voraus sind: Brauchen andere für einen zweistündigen HD-Film zwei Stunden zum Komprimieren, schaffen sie das in wenigen Minuten. Dafür ist ihr Produkt auch teurer. Hierzulande setzt der ORF darauf, für seine Video-on-Demand-Plattform Flimmit, beworben als „österreichische Antwort auf Netflix“. Auch Kronehit TV ist Kunde.

Bisher war Bitmovin heimisch finanziert, mit gut einer Million Euro vom Frühphasenfonds Speedinvest und Constantia Industries. Den kräftigen Kapitalschub will Lederer auch dafür nutzen, 15 zusätzliche Mitarbeiter einzustellen. Die Niederlassung in Kalifornien wird von vier auf zehn Mitarbeiter aufgestockt. Auch wenn es paradox erscheinen mag: „Es ist dort schwierig, Personal zu finden, weil die Konkurrenz so groß ist.“ Leichter geht es in Klagenfurt, wo die Uni einen Multimedia-Schwerpunkt aufgebaut hat, was für eine „gute Expertise im Großraum“ sorgt. Auch Bitmovin ist aus einem Forschungsprojekt der Hochschule entstanden. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2016)

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