Jeder hat das Zeug zum Hassposter

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Eine Studie der Universitäten Stanford und Cornell zeigt, dass auch die friedfertigsten Menschen das Potenzial haben, ungezügelt und vor allem ungefiltert im Netz zu schimpfen.

"Don't feed the troll", füttere nicht den Troll, denn er ist für sachliche Argumente nicht zugänglich, so oder so ähnlich lauteten die Ratschläge in den 200er-Jahren, als Internetforen einen großen Aufschwung erlebten und einer breiten Masse zugänglich war. Heute ist von Hasspostings die Rede, und es werden Prozesse geführt, die Grenzen der Meinungsfreiheit debattiert, und es wird nach neuen Regulierungen gesucht.

Regierungen haben sich weltweit dem Thema verschrieben und versuchen alte Rezepte für neue Probleme zu finden. Nicht selten werden Hasspostings einer Partei, einer Gesinnung, oder gar einem Menschenschlag zugeschrieben. Doch eine Studie der Universitäten Stanford und Cornell zeigt jetzt auf, dass es gar nicht viel braucht, um Menschen zu Hassposter zu machen, die auch bereit sind Grenzen zu überschreiten.

Aus Dr. Jekyll wird Mr. Hyde

In dem Versuch wurden den 667 Probanden unterschiedliche Rätsel vorgelegt, wovon einige leicht und andere wiederum schwerer zu lösen waren, um das Frustlevel zu erhöhen. Hinzu kam der zeitliche Faktor, in dem die Rätsel gelöst werden mussten. Im nächsten Schritt mussten die Testpersonen Fragen zu ihrer Stimmung beantworten.

Studienteilnehmer

Dann begann der eigentliche Test und die Probanden wurden eingeladen, an einer Online-Diskussion rund um die US-Präsidentenwahl teilzunehmen. Je nach Testaufbau standen dort emotional aufgeheizte oder sachliche Postings.667 Probanden wurden für die Studie ausgewählt. Davon waren 40 Prozent Frauen. Das Durchschnittsalter lag bei 34,2 Prozent. 54 Prozent waren Demokraten, 25 Prozent Moderat und 21 Prozent Republikaner. Durchschnittlich waren in jeder dieser Gruppen 21 Menschen.

Das Ergebnis war eindeutig. Je schlechter die Stimmung der Testperson, umso höher das Risiko, dass Hasspostings verfasst werden - sogar um 89 Prozent höher. Werden der Person Hasspostings vorgesetzt, steigt das Risiko um insgesamt 68 Prozent. Eine gefährliche Kombination, die es statistisch gesehen nahezu unmöglich macht, dass jemand in der Anonymität des Netzes ruhig und sachlich diskutiert.

Hass erzeugt mehr Hass

Abseits der praktischen Studie haben die Wissenschaftler mehr als 16 Millionen Postings auf der Webseite von CNN analysiert und sind zu dem Schluss gekommen, dass bei Themen, die vorrangig durch Hasspostings dominiert sind, auch solche Kommentare von Nutzern zu finden sind, die zuvor noch nicht durch solch eine Art der Argumentation aufgefallen sind. Conclusio: Hass erzeugt mehr Hass. Das ist nicht nur in der realen, physischen Welt so, sondern verstärkt auch im Internet.

Eine weitere, interessante Erkenntnis der US-Studie ist, dass es bestimmte Zeitfenster für Hasspostings gibt. Zu Beginn der Arbeitswoche scheint die Wut größer zu sein als am Wochenende, und auch nach Dienstschluss ist die Hemmschwelle geringer als noch in den Morgenstunden.

>>> Link zur Studie.

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