Google: Digitale Weltherrschaft?

Google findet Big Ben
Google findet Big Ben(c) REUTERS (ANDREW WINNING)
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Google strebe nach der Weltherrschaft - wenigstens nach der über die digitale Welt, meinen Kritiker des erfolgreichen Internetkonzerns. Konkurrent Bing zieht in dem Match nur nach.

Video didn't kill the radio star“, und das gelte auch für das Match zwischen Internet und Zeitungen, schrieb Google-Chef Eric Schmidt Anfang Dezember – demonstrativ im „Wall Street Journal“ (WSJ). Die US-Zeitung gehört Rupert Murdoch, jenem Medienmogul, der Google im November den Krieg erklärt hat: Sein Konzern News Corporation will mit Microsoft kooperieren. Und um Google Kundschaft abspenstig zu machen, soll die Microsoft-Suchmaschine Bing Murdochs Zeitungsartikel exklusiv erhalten – gegen Bezahlung natürlich.

Google (über den Musikdienst Lala auch mit Microsoft-Erzrivalen Apple verbandelt) hat sich bisher geweigert, zu bezahlen – obwohl das Unternehmen laut „Fair Syndication Consortium“ 53 Prozent seines Umsatzes mit Zeitungsinhalten macht. Den Grund für die Feindschaft zwischen Print und Online packt Schmidt in einen Satz: „Suchmaschinen verbinden Werber direkt mit den Konsumenten, die nach ihren Produkten suchen.“ Medien vermitteln nur und verlieren deshalb Werbeeinnahmen.

Dass Suchmaschinen zu allem Überfluss auch noch Geld mit ihren Artikeln machen, schmerzt die Verleger. Andererseits dient Google ihnen als PR-Instrument. „New York Times“ (ihr schanzt Google laut „Columbia Journalism Review“ rund 50Prozent ihrer Zugriffe zu) und „Washington Post“ haben sich jetzt mit der Suchmaschine liiert – für das Projekt „Living Stories“: Es stellt die Entwicklung eines Nachrichtenthemas dar. Initiativen wie diese können als Botschaft Googles an die Zeitungen gedeutet werden: Wir schätzen eure Inhalte und entwickeln für sie sogar Tools!

Bei Innovationen ist Google effektiver Kaiser, lässt neue Angebote günstig von Usern testen. So gingen neben Living Stories vergangene Woche die Bildersuche Goggles (engl. Skibrille; per Handy fotografierte Bücher oder Locations werden via Google identifiziert) und eine „Echtzeitsuche“ online, die Suchergebnisse in Twitter, Facebook, MySpace laufend aktualisiert. Konkurrent Bing zieht in dem Match nur nach – und bietet jetzt z. B. auch einen Navigationsdienst à la Google Maps.


Und die Zeitungen? Murdoch gründete nun gemeinsam mit den US-Verlagen Time, Conde Nast, Hearst und Meredith einen Onlinekiosk für weitere Kooperationen. Welche Perspektive haben die Zeitungen? Der deutsche „Spiegel“, der sich im digitalen Zeitalter geschickt anstellt, kündet von einer neuen Ära – einer Zukunft ohne Werbeerlöse – und setzt dabei ganz auf die journalistische Qualität seiner Produkte, für die die Leser zu zahlen bereit sind.

Dabei: Ohne Inhalte kann man auch schlecht einen Suchdienst anbieten. Vielleicht also geben die Suchmaschinen dem Printmarkt doch ein Stück vom Werbekuchen ab. Selbst Googles Schmidt kündigt ein Service namens „Fast Flip“ an: Damit könne man Texte schneller erfassen. Und an dessen Werbeumsatz sollen dann auch die „News-Partner“ beteiligt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2009)

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