Facebook: Kreative Namen unerwünscht

(c) BilderBox (BilderBox / Erwin Wodicka)
  • Drucken

Wenn den Betreibern ein Name komisch vorkommt, löscht Facebook Benutzerprofile kurzerhand ohne Warnung. Laut Nutzungsbedingungen haben sich Benutzer mit ihrem echten Namen anzumelden.

Im Internet tummeln sich viele humorvolle Zeitgenossen. Naturgemäß sind sie auch auf dem beliebten Onlineportal „Facebook“ unterwegs. Oft wird man auf sie aufmerksam, wenn man auf einmal Freundschaftsanfragen von „Ich Du“ oder „Alice-In-Helgoland“ bekommt. Gelegentlich kann man dank des Bildes erkennen, dass man die Person doch tatsächlich kennt, oft muss man sich aber einfach nur wundern.

Facebook hingegen wundert sich nicht, sondern löscht gnadenlos und ohne vorherige Warnung. Laut der Nutzungsbedingungen – die 2009 zu einer Art virtueller Bürgerrechtscharta ausgebaut wurden – haben sich Benutzer mit ihrem echten Namen anzumelden. Bei Zuwiderhandeln löscht Facebook den entsprechenden Zugang. Da die Betreiber aber (noch?) keinen Zugriff auf die Meldedaten ihrer Benutzer haben, überlassen sie es dem Gespür ihrer Mitarbeiter, dubiose Namen herauszufiltern. Unangenehmer Nebeneffekt: Es erwischt auch Benutzer, die wirklich einen ungewöhnlichen Namen haben. Und das offiziell und legal.

Zwangsdelogiert. Facebook führt namentliche Säuberungsaktionen in unregelmäßigen Abständen durch. Einige österreichische Benutzer sind vor wenigen Wochen durchs Raster gefallen. Der große Aufschrei wie bei der Designerin Alicia Istanbul, die aufgrund ihres scheinbar erfundenen Nachnamens im Mai 2009 von Facebook aus ihrem Account zwangsdelogiert wurde, blieb bisher aber aus.

Was auf den ersten Blick eher harmlos wirkt, ist für Betroffene, die ungerechtfertigt rausgeworfen worden sind, oft vernichtend. Viele Facebook-Benutzer haben bereits ihr gesamtes soziales Netz auf die Plattform ausgerichtet. Sie verlieren mit einem Schlag die Verbindung zu Freunden, Bekannten und manchmal auch Berufskontakten. Istanbul konnte Facebook wieder überzeugen, in den Kreis der Benutzer angenommen zu werden. Dazu muss man aber erst belegen, dass man wirklich die Person ist, die man vorgibt zu sein. Nicht unwahrscheinlich, dass diese Prozedur irgendwann einmal im Vorfeld der Anmeldung zur Pflicht für Facebook-Einsteiger wird.

Tradition. Spitznamen im Web, „Nicknames“ oder auch kurz „Nicks“ genannt, sind fast so alt wie das Medium selbst. Es gibt Pendants zu Facebook, in denen man sich nur über diese Kunstnamen kennt. Das geht sogar so weit, dass man sich bei Treffen in der „echten“ Welt auch nur noch mit dem Nickname anredet.

Seit dem Vormarsch der Social Networks, allen voran eben Facebook, ist es aber immer stärker üblich, seinen echten Namen anzugeben. Kommunikationswissenschaftler sehen darin einen Vorteil, da sich dadurch die Glaubwürdigkeit der Kommunikation erhöhen würde.

Homophob? Facebook ist aber nicht das einzige Unternehmen, das Benutzer aufgrund ihres Namens einfach löscht. So hat etwa Microsoft einmal einen Benutzer seines Xbox-Live-Spieledienstes gelöscht, da er sich mit seinem vollen Namen Richard Gaywood angemeldet hat. Der Name wäre laut Microsoft zu anstößig gewesen, berichtete Gaywood damals. Auch Spieler, die sich als schwul oder lesbisch über den Dienst geoutet hatten, wurden von Microsoft rausgeworfen. Offenbar spießt es sich am Wort „gay“.

Im Prinzip leidet Kommunikation im Internet unter einem großen Problem: Man kann nicht immer davon ausgehen, dass die Person, mit der man gerade redet, auch wirklich diejenige ist, für die sie sich ausgibt. Alles basiert mehr auf Vertrauen als auf echt überprüfbaren Fakten. Der uralte Satz „Im Internet weiß niemand, dass du ein Hund bist“ ist heute so aktuell wie eh und je. Vielen wird es schon passiert sein, dass sie etwa einen Freund mittels eines Programms wie Skype online gesehen haben, im Endeffekt hat aber die Mutter oder der Bruder gerade den PC in Beschlag genommen.

Wer ist wer im Internet? Zumindest bei „Alice-In-Helgoland“ hat sich herausgestellt, dass sich dahinter doch eine bekannte Person verbirgt. Wer aber „Ich Du“ sein soll, ist komplett unklar. Facebook listet 500 Personen mit diesem Namen. Vielleicht reduziert sich diese Anzahl ja bei der nächsten Säuberungsaktion.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.